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Intrapersonale Erwartungseffekte beim medienbasierten Lernen: Die Wirkung von Informationen zur Qualität eines Lernmaterials auf die Performanz der Lerner

Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2005 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5449883
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Studierende, die ein Lehrbuch in die Hand nehmen um daraus zu lernen, haben in der Regel bereits bevor sie den ersten Satz gelesen haben, eine Erwartung hinsichtlich der Qualität des Buchs. Diese Erwartungen können z.B. aus den positiven oder negativen Äußerungen von Kommilitonen über das Lehrbuch, aus Aussagen eines Dozenten oder vielleicht auch aus Leserbewertungen im Internet resultieren. Während Erwartungseffekte zwischen Lehrenden und Lernenden zu einem der am besten untersuchten Fragestellungen in der Pädagogischen Psychologie zählen (Stichwort: Pygmalioneffekt) gab es bislang kaum Untersuchungen, die sich mit den Wirkungen von Erwartungen an die Qualität eines Lernmaterials beschäftigen. Mit der Untersuchung derartiger intrapersonaler Erwartungseffekten beim medienbasierten Lernen betrat das Projekt Neuland. Ausgehend von ersten Befunden die zeigten, dass Qualitätserwartungen den Lernerfolg von Studierenden beeinflussen, wurde im Projekt der Frage nachgegangen, von welchen personalen und situationalen Faktoren etwaige lernförderliche und lernhemmende Wirkungen von Qualitätshinweisen abhängen. Hierzu wurde ein theoretisches Modell entwickelt, das im Kern die Annahme formuliert, dass positive und negative Qualitätshinweise zu einer qualitativ unterschiedlichen kognitiven Verarbeitung des Lernmaterials führen. Positive Qualitätshinweise sollten zu hoher Anstrengung und einer tiefen Verarbeitung führen, negative Qualitätshinweise dagegen zu geringer Anstrengung und einer eher oberflächlichen Verarbeitung. Dieser Effekt soll insbesondere dann auftreten, wenn die thematische Relevanz des Lerngegenstandes eher moderat ist. Bei niedriger Relevanz sollte dagegen unabhängig vom Qualitätshinweis eine oberflächliche und bei hoher Relevanz eine tiefe Verarbeitung erfolgen. Das Modell und weiterführende Fragestellungen wurden in einer Reihe von fünf Experimenten untersucht. Die Untersuchungen folgten dabei einer ähnlichen Vorgehensweise. Die Probanden bearbeiteten ein Lernmaterial nachdem ihnen zuvor mehr oder weniger differenzierte positive oder negative Informationen zur Qualität des Lernmaterials gegeben wurden. Im ersten und dritten Experiment wurde zudem auch die thematische Relevanz des Lerngegenstands variiert, in dem Studierenden suggeriert wurde, dass die Einführung des Lernmaterials in einem Pflichtmodul für Studierende geplant bzw. nicht geplant sei. Im ersten Experiment zeigte sich die erwartete moderierende Funktion der thematischen Relevanz. Nur unter der Bedingung einer moderaten thematischen Relevanz hatten positive Qualitätshinweise eine lernförderliche Wirkung. Im Gegensatz zu den Vorhersagen des Modells zeigte sich bei hoher thematischer Relevanz dagegen der umgekehrte Effekt. Probanden lernten im Anschluss an einen negativen Qualitätshinweis mehr als nach einem positiven. Dieser Befund konnte allerdings in der dritten experimentellen Studie nicht repliziert werden. Dort konnte jedoch gezeigt werden, dass die Einstellung zum genutzten Lernmedium eine moderierende Funktion erfüllt. Bei einer positiven Einstellung zum Lernmedium wirken die Qualitätsinformationen stärker als bei einer negativen Einstellung. In einer vierten experimentellen Untersuchung wurde in Erweiterung des bisherigen Vorgehens auch die Qualität des Lernmaterials systematisch variiert. Es zeigte sich, dass bei Inkonsistenzen von erwarteter und tatsächlicher Qualität Kompensations- und Kontrastphänomene auftreten. In einer abschließenden fünften Untersuchung wurde die Qualitätsinformation ausdifferenziert. Vorbereitende Skalierungsstudien hatten gezeigt, dass Studierende z.B. bei „wissenschaftlichen“ Texten von einer eher geringen didaktischen Verständlichkeit ausgehen. Dies wurde im Experiment für die Induzierung indirekter Qualitätserwartungen genutzt. Effekte auf Leistungsindikatoren konnten hier allerdings nicht nachgewiesen werden. Das Projekt hat verdeutlicht, dass beim selbstregulierten Lernen neben kognitiven und motivationalen Merkmalen des Lernenden auch Qualitätsinformationen durch Dritte einen Einfluss auf Lernerfolg und Bewertung des Lernmaterials haben können. Es konnte somit die Bedeutung von intrapersonalen Erwartungseffekten etabliert werden. In weiterführenden Untersuchungen sollte nun versucht werden, weitere Aufschlüsse über die zugrundeliegenden Prozesse bei intrapersonalen Erwartungseffekten zu erlangen und das Phänomen auch außerhalb des Labors nachzuweisen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2006). Pygmalion in media-based learning: How quality information about an instructional medium impacts on achievement. In G. Clarebout & J. Elen (Eds.), Avoiding simplicity, confronting complexity: Advances in studying and designing powerful (computer-based) learning environments (S. 127134). Rotterdam: Sense Publishers
    Haimerl, C. & Fries, S.
  • (2008). Self-fulfilling Prophecy in Self-regulated Learning: How Quality Information about an Instructional Medium Impacts on Achievement and Satisfaction. Saarbrücken: VDM
    Haimerl, C.
  • (2010). Self-fulfilling prophecies in media-based learning: Content relevance moderates quality expectation effects on academic achievement. Learning and Instruction, 20 (6), 498-510
    Haimerl, C. & Fries, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2009.07.002)
 
 

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