Systematische Untersuchung der Wechselwirkung mittels Focused Ion Beam initiierter Mikrorisse mit Korngrenzen: Einfluss der Korngrenzeneigenschaften auf die Rissausbreitung, Verbesserung der Modelle der Schädigungsmechanismen zur Lebensdauerberechnung und gezielten Variation von Korngrenzeneigenschaften.
Final Report Abstract
Das Projekt befasst sich mit der Ausbreitung mikrostrukturell kurzer Risse in der Größenordnung der Komgröße unter Belastungen im Bereich des Low Cycle Fatigue (LCF). Eine einheitliche Theorie zum Einfluss der Mikrostruktur auf die Rissausbreitung existiert bislang nicht; es fehlen quantitative Daten und systematische Experimente. Ein wesentliches Ergebnis des Projektes ist die Weiterentwicklung des Verfahrens zur Initiierung künstlicher Mikrorisse per Focused Ion Beam (FIB) als Grundlage für die systematische Untersuchung lokaler Mikrostruktur-Einflüsse. Hier können Mikrokerben mit reproduzierbaren Rissparametern z.B. in definiertem Abstand zu ausgewählten Komgrenzen in die Werkstoffoberfläche eingebracht werden und das sogar unter Berücksichtigung der lokalen Kristallorientierung direkt auf den Gleitebenen mit der größten Schubspannung. Diese breiten sich dann im Stadium I der Rissausbreitung aus, in dem sie mit Korngrenzen wechselwirken wie es auch die Modelle von Tanaka und Navarro und De los Rios beschreiben. Mit diesem Verfahren wurde die Wechselwirkung von Rissen mit Korngrenzen für insgesamt drei technische Legierungen (CMSX-4, Baustahl, Al7075) gemessen und quantitative Daten ermittelt und ausgewertet. Die Ergebnisse beschreiben den Einfluss verschiedener Korngrenzen (definiert über Orientierung und Inklination) auf die Rissausbreitung sowohl hinsichtlich der Einschränkung der plastischen Zone der Risse als auch im Bezug auf die Dreidimensionalität der Rissausbreitung vor allem beim Durchstoßen der Korngrenze. Diese Einflüsse stellen sich für die untersuchten Werkstoffe deutlich unterschiedlich dar: In der Nickelbasislegierung CMSX-4 konnte zunächst festgestellt werden, dass das Ausbreitungsverhalten von künstlichen Rissen ohne mikrostrukturelle Barrieren sehr gut reproduzierbar und identisch mit dem Verhalten natürlicher Risse ist. Somit können Mikrostruktureinflüsse lokal getestet werden. In extra polykristallin hergestellten Proben zeigt sich dabei eine Verminderung der Rissfortschrittsrate vor Korngrenzen in einem Abstand, bei dem gleichzeitig der Aufstau der plastischen Zone an den Korngrenzen beobachtet wurde. Durch eine Modifizierung des Modells von Tanaka hinsichtlich der am Rissfortschritt beteiligten Gleitsysteme konnte die Rissausbreitungsrate mit und ohne Korngrenzen mit lediglich geringfügiger Abweichung zu den Messungen berechnet werden. Offensichtlich sind die physikalischen Annahmen dieses einfachen, zweidimensionalen Modells hinreichend zur Beschreibung des Kurzrisswachstums in dieser Legierung. Bei einigen Rissen war der Einfluss der Korngrenze besonders stark. Hier konnte mit Hilfe der FIB-Tomographie die Lage der Korngrenze als zusätzlicher Parameter identifiziert werden, die in solchen Fällen eine Betätigung mehrerer Gleitsysteme bedingt und eine zickzackförmigen Rissausbreitung entlang mehrerer Gleitebenen erzwingt. Eine mikrostrukturelle Beschreibung des Rissfortschritts muss also dreidimensionale Aspekte berücksichtigen. Die dreidimensionale Natur des Problems ist in ferritischem Stahl noch deutlicher ausgeprägt. Die Rissausbreitung erfolgt in diesem Fall gemäß „pencil-glide", die Richtung wird bestimmt durch die Richtung des Burgers Vektors und der Lastrichtung. Unabhängig von der Höhe der angelegten Last kann Rissausbreitung über Korngrenze hinweg nur bei kleinen Missorientierungswinkeln (<20°) beobachtet werden. Die Ausbildung makroskopischer Ermüdungsrisse erfordert daher im Allgemeinen das Zusammenwachsen benachbarter kurzer Risse. Eine Theorie zur Beschreibung der Werkstoffermüdung muss in diesem Fall auf der Wechselwirkung kurzer Risse untereinander erfolgen und gegebenenfalls elastische und plastische Anisotropie berücksichtigen. In der Aluminium Legierung Al7075 wachsen abweichend vom üblichen Verhalten bereits mikrostrukturell kurze Risse im Stadium 2 senkrecht zur angelegten Last. Wie zu erwarten zeigen sie an Korngrenzen daher keine Änderung der Ausbreitungsrichtung. Wohl aber blockieren die Korngrenzen auch in diesem Fall die Versetzungsbewegung. In situ Messungen im Rasterelektronenmikroskop weisen daraufhin, dass in unmittelbarer Nähe der Korngrenzen Rissschließen bei positiven Lastspannungen durch aufgestaute Versetzungen ursächlich für die reduzierte Rissausbreitung bis zum Rissstopp sein könnte. Diese Untersuchungen sind zur Zeit allerdings noch nicht abgeschlossen. Mit Hilfe der durchgeführten systematischen Untersuchungen konnten wesentliche Einflussfaktoren von Korngrenzen und mikrostrukturellen Barrieren auf die Rissausbreitung identifiziert werden. Zukünftige Arbeiten könnten sich mit der Quantifizierung der einzelnen Effekte näher befassen. Sofern die Barrierewirkungen von Mikrostrukturelementen anhand der Ergebnisse durch eine entsprechende Prozesstechnik gezielt eingestellt werden kann, ist hier ein direktes Verwertungspotential gegeben. Des Weiteren zeigte sich, dass die Beschreibung der Kurzrissausbreitung anhand einfacher zweidimensionaler Modelle für Stähle problematisch ist und es wurden Grundlagen für die Quantifiziemng dreidimensionaler Modelle ermittelt. Hierzu wäre ein Ausbau der entwickelten Methodik mit Hilfe der Synchrotron-Tomographie sinnvoll. Eine Kooperation mit einer Arbeitsgmppe aus Grenoble ist bereits in Planung, um die mikrostrukturellen Aspekte der Rissausbreitung dreidimensional und in situ zu studieren. Eine Erweitemng zweidimensionaler Modelle zur Kurzrissausbreitung auf drei Dimensionen, z.B. am Institut für technische Mechanik der Universität Siegen (Prof. Fritzen) könnte unmittelbar von gezielten Experimenten auf diesem Gebiet profitieren. Eine weitere mögliche Anwendung jenseits von Materialverbessemng, Lebensdauervorhersage und Modellentwicklung zur Rissausbreitung ist die Methode der künstlichen Rissinitiierung per FIB selbst. Sie könnte benutzt werden, um eine standardisierte Ersatzfehlergröße auf Mikrometerebene zu definieren. Damit können dann die Auswirkungen von Gussfehlern in hoch belasteten Bauteilen quantitativ erfassbar gemacht werden.
Publications
- Interaction of microcracks with selected interfaces: Focussed ion beam for a systematic crack initiation, Materials Science and Engineering A, Vol.435-436, 595-601, 2006
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- Möglichkeiten des Focussed Ion Beam Microscopes (FIB) bei der Initiierung und Untersuchung kurzer Ermüdungsrisse, Sitzung der Gemeinschafts-AG "Materialermüdung" von DGM und DVM, 02.-03.05.06 Schaffhausen, Fa. Rumul
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- Artificial crack initiation and investigation by focussed ion beam microscopy, DPG-Tagung, 26.-30.03.2007, Regensburg
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- Interaction of cracks with grain boundaries and precipitates: understanding crack growth Mechanisms through focused ion beam tomography, Euromat 2007, Nürnberg
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- Interaction of cracks with precipitates and grain boundaries: Understanding crack growth mechanisms through focussed ion beam tomography. Scripta Materialia, Vol.56, 697-700, 2007
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- Systematische Untersuchung der Wechselwirkung kurzer Risse mit Korngrenzen, 8. Tagung Gefüge und Bruch, Bochum, 26.-27.02.2007
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- Influence of microstructural barriers on short fatigue crack growth, 2nd Fatigue Symposium, Leoben 2008, 389-399, 2008
Schäf W., Marx M., Vehoff H.
- Influence of microstructural barriers on short fatigue crack growth, LCF6,Berlin, 08.-12.09.2008
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- Influence of microstructural barriers on short fatigue crack growth, MSE 08, Nürnberg, 01.-04.09.08
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- Interaction of cracks and dislocations with grain boundaries investigated by focus ion beam microscopy and nanoindentation technique, Materialprüfung, Vol.50, 3, 118-125, 2008
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- Local investigations of the interaction of microcracks with grain boundaries to quantify the qualitative models, Journal of ASTM International, 5:9, 2008
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