Phylogenetische Verwandtschaft und taxonomischer Status mariner Gammarus-Arten in Europa
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die phylogenetische Venvandtschaft und der taxonomische Status mariner Gammarus-Arten in Europa wurden untersucht. Die phylogenetischen Analysen wurden auf der Basis nuklearer (18S rDNA) wie auch mitochondrialer DNA-Sequenzen [mtDNA: Cytochromoxidase I (COI), Cytochrom b (Cytb), 16S rRNA (16S)] vorgenommen und ergaben, dass die europäischen Gammarus-Arien ein Monophylum darstellen. Der taxonomische Status aller untersuchten Spezies konnte duch eine kombinierte Analyse von nuklearen und mitochondrialen Gensequenzen ausnahmslos bestätigt werden. Innerhalb von Gammarus gibt es zwei eng verwandte Gruppen von Arten. Immer wird, wie in der taxonomischen Literatur beschrieben, eine „G. locusta-Gruppe" mit G. locusta, G. aequicauda, G. insensibilis, G. subtypicus, G. inaequicauda und G. crinicornis sowie eine „G. zaddachi-Gruppe" mit G. oceanicus, G. zaddachi und G. salinus (alle Arten der „G. zaddachi-Gruppe" mit identischen 18S rDNA Sequenzen!) in allen Analysen (mtDNA+18S rDNA) bestätigt. Eine Monophylie von G. finmarchicus, G. duebeni duebeni und G. duebeni celticus konnte nachgewiesen werden. Phylogeographische Analysen (mtDNA) ergaben, dass für den amphiatlantisch verbreiteten Flohkrebs G. oceanicus eine der geographischen Verbreitung entsprechende intraspezifische Differenzierung gefunden wird. Vergleichbares gilt innerhalb Europas für G. salinus. Die postglaziale Ausbreitung erfolgte bei G. salinus, wie auch bei G. oceanicus, vermutlich aus zwei Refugien. Innerhalb der „G. locusta-Gruppe" konnten für G. aequicauda zwei genetisch distinkte Linien im Mittelmeer, in der nördlichen Adria bzw. auf Sardinien, gefunden werden. Für die „G. locusta-Gruppe" war eine repräsentative Beprobung nicht im gesamten Verbreitungsgebiet möglich. Die intraspezifische Differenzierung ist bei G. duebeni besonders ausgeprägt und gestattet eine eingehende phylogeographische Analyse. Zwei mitochondriale Gene, COI und NADH Dehydrogenase Untereinheit 2 (ND2) wurden hierzu bei mehr als 300 Individuen analysiert. Neighbour Joining- und Netzwerk-Analysen ergaben, daß das Süßwasser mehrfach unabhängig besiedelt wurde Die älteste Süßwasserbesiedlung erfolgte in Iriand (lineage 1), gefolgt von zwei bretonischen Linien (lineages 2+3). Die rezenten marinen G. duebeni soW\e Süßwasserfiere aus Südwestengland (lineage 2) bilden die Schwestergruppe zur jüngsten Süßwasserlinie (lineage 1), die auf die nördliche Bretagne beschränkt ist. Es existiert keine eigentliche Unterart G. duebeni celticus. Vielmehr sind die einzelnen Süßwasserbesiedlungen unabhängig voneinander zu unterschiedlichen geologischen Zeiten erfolgt (Allochronie).