Die Prozessindustrie umfasst alle Industriezweige, in denen vorwiegend chemische und physikalische Stoffumwandlungsprozesse zum Einsatz kommen. Zur Prozessindustrie gehören beispielsweise die Hersteller von Chemikalien, Arzneimitteln, Nahrungsmitteln, Hüttenerzeugnissen oder Papier. Die Produktionsplanung in der Prozessindustrie gliedert sich in eine aggregierte und Standort üb er greif ende Kampagnenplanung für Hauptprodukte und eine sich hieran anschließende detaillierte Belegungsplanung der einzelnen Anlagen. Im wesentlichen werden bei der Kampagnenplanung die benötigten Anlagenkonfigurationen zur Produktion der vorgesehenen Produkte gebildet, und es wird die Kampagnenstruktur für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren festgelegt. Aus dem ermittelten Kampagnenplan leiten sich für jede Anlage Primärbedarfe an Endprodukten in Form grobterminierter Produktionslose ab, deren detaillierte Terminplanung Gegenstand der Anlagenbelegungsplanung ist. Aufgabe der Anlagenbelegungsplanung ist es, für die gegebenen Primärbedarfe an Endprodukten bei fester Anlagenkonfiguration eine detaillierte Belegungsplanung der Anlage vorzunehmen. Hierzu ist die Menge der notwendigen Ausführungen von Prozessschritten auf den einzelnen Apparaten der Anlage mit den zugehörigen Einsatz- und Ausbringungsmengenverhältnissen sowie Chargengrößen bzw. Prozessdauern zu bestimmen und auf den Apparaten zeitlich so einzuplanen, dass die von der Kampagnenplanung festgelegten Bedarfe an den Endprodukten gedeckt werden und ein vorgegebenes Zielkriterium optimiert wird. Der hohe Detaillierungsgrad der Anlagenbelegungsplanung erfordert hierbei eine differenzierte Vorgehensweise in Abhängigkeit von Anlagen- und Pr ozes sführungstypen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden Verfahren der Offline- und der Online- Optimierung für die Belegungsplanung von Mehrprodukt- und Mehrzweckanlagen bei diskreter Chargen- bzw. kontinuierlicher Sortenproduktion entwickelt. Im Unterschied zu den in der wissenschaftlichen Literatur diskutierten Totalmodellen der gemischt-ganzzahligen linearen und nichtlinearen Programmierung beruht die Methodik auf einer hierarchischen Zerlegung der Planungsaufgabe in ein Problem der Mengen- und ein Problem der Ablaufplanung. Diese heuristische Vorgehensweise erlaubt die effiziente Behandlung von Planungsproblemen praxisrelevanter Größe und Komplexität. Aufgrund der vergleichsweise schweren Beherrschbarkeit verfahrenstechnischer Prozesse zeichnet sich die Produktion in der Prozessindustrie durch ein erhöhtes Maß an Planungsunsicherheit aus. Aus diesem Grund werden neben Methoden zur vorausschauenden Planung auch Verfahren zur revidierenden Planung bzw. zur Online-Planung in einem dynamischen Umfeld entwickelt. Hierfür haben sich auf die Anlagenbelegungsplanung zugeschnittene Prioritätsregel verfahren als besonders geeignet erwiesen. Mit Hilfe einfacher List-Scheduling- Strategien kann die für den praktischen Einsatz der Methoden erforderliche hohe Planungsstabilität bei sehr kurzen Rechenzeiten erreicht werden. Im Rahmen von modernen Advanced-Planning-Systemen zum Supply-Chain-Management können solche Verfahren im Bereich des Production Planning/Detailed Scheduling zur effektiven Entscheidungsunterstützung bei der Ressourceneinsatzplanung verfahrenstechnischer Anlagen eingesetzt werden.