Das vorliegende Projekt zu gemeinschaftsanalytischen und taxonomischen Untersuchungen der Harpacticoidenfauna (Crustacea, Copepoda) vom Sedlo- und Seine-Seeberg (nördlicher Mittelatlantik) ist das erste, bei dem zwei Seeberge faunistisch und bezogen auf eine Komponente des Meiobenthos verglichen werden. Beide Seeberge waren im November/Dezember 2003 während M 60/1 (OASIS) von FS „Meteor" mit Kastengreifer und Multicorer beprobt worden. Ziele der Untersuchung waren a) die taxonomische Erfassung der Harpacticoida von den Gipfeln beider Seeberge; b) Artbestimmung und Ermittlung des Verhältnisses bekannter zu unbekannten Arten; c) Vergleich der Harpacticoidenassoziationen beider Seeberggipfel mit Hilfe similaritäts- und diversitätsanalytischer Verfahren; d) Vergleich der erhaltenen Daten mit denen vorheriger Untersuchungen eines dritten Seebergs, der Großen Meteorbank; e) Beschreibung neuer Harpacticoidenarten vom Sedlo- und Seine-Seeberg. Der zur Bearbeitung des Materials eingestellte Mitarbeiter Marco Büntzow untersuchte das Material von den 52 Proben, die sich auf 11 Stationen verteilen: zwei auf Sedlo, sechs auf Seine und drei auf die umgebende Tiefsee. Die aussortierten 3.372 Harpacticoida ließen sich 28 Familien zuordnen und umfassten insgesamt 262 verschiedene Arten. Nur eine Art, Stylicletodes longicaudatus, ist wissenschaftlich bereits bekannt, alle übrigen (99,6%) sind wissenschaftlich neu. Die Similaritätsanalyse unterschied auf Artebene sehr deutlich zwischen einer Tiefsee- und einer Seebergfauna. Keine Art aus der Tiefsee wurde auf einem der Seeberge nachgewiesen, wogegen Sedlo und Seine mit 10 gemeinsamen Arten eine doch bemerkenswerte Übereinstimmung aufweisen. Die Arten auf den Gipfeln sind großteils solche des Flachwassers. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass das Einzugsgebiet von Sedlo und Seine eher benachbarte Flachwasserregionen denn die Tiefsee sind. Die Diversitätsanalysen ergaben, dass trotz einer vordergründig zu beobachtenden erhöhten Vielfalt in der Tiefsee der Artenreichtum, ausgedrückt durch verschiedene Diversitätsmaße, am Sedlo-Seeberg am höchsten scheint. Das war ein unerwartetes Ergebnis, zumal Sedlo der am schwächsten beprobte Seeberg war. So offenbart dieses Ergebnis vermutlich in erster Linie die Notwendigkeit einer umfassenden quantitativen Beprobung. Der Vergleich mit der Großen Meteorbank (GMB) ergab deutliche Unterschiede sowohl in der Artenzusammensetzung als auch in der Gesamtstruktur der Assoziationen. Während Sedlo und Seine überwiegend Taxa mit einer Affinität zum Flachwasser beherbergen, tritt auf der GMB ein bemerkenswert hoher Anteil an Vertretem „typischer" Tiefseegruppen zutage, was exemplarisch an einem Vergleich der tiefsee-„typischen" Argestidae belegt wurde. Soll hier eine verallgemeinernde Aussage gewagt werden, so lautet sie, dass Vergleich aller drei Seeberge darauf hinweist, dass Seeberge für Arten der Harpacticoida generell eher „Fallen" denn „Trittsteine" darstellen; ein kontinuierlicher Artenaustausch scheint mit Gemeinschaften weder der Tiefsee noch angrenzender geographischer Flachwasserregionen zu erfolgen. Vielmehr erfolgt das Erreichen eines Seeberggipfels eher sporadisch und zufällig, und die dort „gefangenen" Arten erfahren auf den Gipfeln eine Radiation, mit dem Ergebnis, dass viele nahverwandte Arten gefunden werden, die woanders nicht auftreten. Ob diese Annahme begründet werden kann, müssen zukünftige quantitative Probenahmen und Untersuchungen zeigen.