Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand das Werk des in Frankfurt (Oder) als Kantor wirkenden Komponisten Bartholomäus Gesius (um 1560–1613). Dabei wurde den musik- und liturgiegeschichtlichen Wandlungsprozessen während der Reformationszeit eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. So konnte anhand der zwei verschiedenen Fassungen des vierstimmigen Gesius-Satzes des Hymnus Gloria, laus et honor nachgewiesen werden, dass es sich hierbei offensichtlich um eine vom Komponisten gezielt vorgenommene Änderung der Funktionsbestimmung dieses Gesanges von einem Prozessions- zu einem Messgesang handelt – als Folge des Verbots des Prozessionswesens in Brandenburg im Jahr 1600. Ausführlich wurde die Tradition der lutherischen Choralmessen für die Kirchenmusik der Reformationszeit in Brandenburg untersucht. Das betrifft insbesondere die melodischen Besonderheiten der protestantischen Gregorianik und ihre – zumal hinsichtlich des De-tempore-Bezugs – spezifische brandenburgische Ausprägung. Dabei wurden auch der Bach-Forschung, in deren Blickfeld die frühprotestantischen Choralmessen bisher nicht geraten waren, neue Impulse gegeben. Als Folge der Untersuchung der protestantischen Gregorianik konnte nachgewiesen werden, dass Johann Sebastian Bach in seiner Messe in h-Moll dem Modell einer protestantischen Missa dominicale folgte – was die alte und bis heute ungeklärte Frage der Bach-Forschung, ob es sich bei diesem Werk um eine katholische oder eine protestantische Messe handelt, in einem neuen Licht erscheinen lässt. Brandenburgische Besonderheiten spielten auch bei der Untersuchung des aufführungspraktischen Kontextes der Entstehung der Parodiemessen von Gesius eine wichtige Rolle. Diesbezüglich konnte insbesondere die in Frankfurt (Oder) stark ausgeprägte Lasso-Pflege als wichtiger Impuls herausgearbeitet werden. Im Rahmen des Projektes wurden mit zwei großen Messenzyklen die Hauptwerke von Gesius in Kritischen Editionen herausgegeben. Die Forschungsergebnisse wurden in den umfangreichen Einleitungstexten dieser Editionen sowie in separaten Publikationen veröffentlicht. Auf der Website des Projekts (http://www2.hu-berlin.de/muwi/brandenb-1740) steht der Forschung eine Quellendatenbank zur Verfügung. Darüber hinaus werden hier wichtige Quellen zum Download angeboten.