Detailseite
Projekt Druckansicht

Die „Harmonik“ in drei- und vierstimmigen Motetten des 13. Jahrhunderts. Eine Korpusanalyse

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 543210534
 
Die Polyphonie des 13. Jahrhunderts markiert eine zwar vorbereitete, aber dennoch frappierende Veränderung der mehrstimmigen Musikpraxis des lateinischen Mittelalters. Ohne die Bedeutung der anderen Gattungen, etwa des weiterhin existierenden Organums oder des Conductus, zu schmälern, kann die Motette im 13. Jahrhundert geradezu als Symbol der veränderten polyphonen Musik angesehen werden. Die Komplexität ihrer Struktur, die Intertextualität sowohl musikalischer als auch sprachlicher Elemente und ihre Multilingualität haben seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der mediävistischen Musikwissenschaft auf sich gezogen. So verwundert es nicht, dass die Motetten des 13. Jahrhunderts und insbesondere jene des Kodex Montpellier in vielerlei Hinsicht sehr gut erforscht sind. Dennoch liegen weiterhin viele Aspekte der musikalischen Konstruktion der Motetten im Dunkeln. Dazu gehört auch die Harmonik. Allen erhellenden Studien zur Harmonik der Motetten zum Trotz ließe sich nicht behaupten, dass wir in der Lage wären, so etwas wie eine Kontrapunkt- oder Harmonielehre der Motette zu formulieren, also die Grammatik jener Musik hinreichend durchdrungen zu haben. In genau dieser Hinsicht möchte das hiermit beantragte Forschungsprojekt ein gutes Stück vorankommen. In dem Projekt soll methodisch die Tatsache genutzt werden, dass eine Vielzahl der Motetten den Tenor mehrfach wiederholt, während die Oberstimmen verändert werden. Denn dies erlaubt es zu untersuchen, welche Spielräume bei der "Harmonisierung" identischer Tenores genutzt wurden bzw. inwiefern die verwendeten Klänge Kriterien von Konsistenz folgen. Eine aus den Vorarbeiten abgeleitete Hypothese lautet, dass die "Harmonik" Eigenschaften der Melodiephrasen des Tenors ins Klangliche übersetzt: Anfangs- und Endtöne werden in stabile, Durchgangstöne in instabile Klänge übersetzt, rhythmische Eigenschaften werden harmonisch gedeutet. Dabei gibt es allerdings einigen Spielraum, der in vielen Motetten seinerseits planvoll genutzt wird. So gibt es Indizien dafür, dass selbst bestimmte Dissonanzen in den Wiederholungen des Tenors sogar bei differierenden Melodien in den Oberstimmen strukturell wiederkehren. Aufgespalten in Teilfragen, soll diese Hypothese anhand einer Korpusstudie geprüft oder gestützt und ggf. differenziert und ausgearbeitet werden. Das Korpus setzt sich zusammen aus den drei- und vierstimmigen Motetten mit mindestens drei Tenor-Durchläufen aus den vier wichtigen Motettenhandschriften Kodex Montpellier, Kodex Bamberg, Kodex La Clayette und Turin, Bibl. Reale, vari. 42. Für das Projekt sollen die ca. 79 Motetten mit Unterstützung digitaler Verfahren analysiert werden. Ein(e) Musikhistoriker(in) und ein(e) Mitarbeiter(in) aus den Digital Humanities werden daher eng zusammenarbeiten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung