Anisotrope Porengefüge in Hydroxylapatit-Biokeramik für das Tissue Engineering von Hartgewebe
Final Report Abstract
Gegenstand des ersten Projektbereiches war die Herstellung, physiko-chemische Charakterisierung und Evaluierung der Biokompatibilität von Trägermaterialien (Scaffolds) mit kanalartigen Poren, hergestellt über die ionotrope Gelbildung des Alginates und keramischer Komponenten wie Hydroxylapatit (HAP) (Calciumphosphatphase des Knochens) zur Gewinnung neuer Implantate und Therapeutika. Alle Etappen der keramischen Prozesskette nach Sol-Gel-Strukturgebung wurden auf ihre Eignung als Scaffold hin untersucht, d.h. nicht nur die Sinterkeramik, sondern auch der Grün- und Braunkörper. Dazu wurden technologische Fragestellungen wie die Beeinflussung des Porengefüges (Durchmessers, Länge, Porosität), Trocknung des hydrogelartigen Rohlings, Sterilisierungsmethoden, Sinterverhalten (Verdichtung, Kristallitwachstum) und Degradation systematisch untersucht und optimale Bedingungen gemäß der Anwendung als Scaffold für das Tissue Engineering von Knochen herausgearbeitet, wobei letztlich die Zellreaktion von osteogen differenzierten humanen Stammzellen (hMSC), kultiviert auf den Scaffoldmaterialien, als wichtiger Parameter mit in die Werkstoffauswahl einfloss. Außerdem wurde dieser Sol-Gel-Prozess für die Entwicklung von Granulaten und Beschichtungen benutzt. Der Favorit der Biomaterialentwicklung wurde überraschend im – aus keramischer Sicht Zwischenzustand – des Braunkörper gefunden, bei dem die strukturgebende und bindende organische Phase thermisch entfernt wurde. Dieser weist jedoch bereits eine Druckfestigkeit ähnlich jener von spongiösem Knochen auf, gepaart mit der hohen Porosität (75-80%) und einer kleiner Kristallitgröße (41 nm), was diese HAP-Biokeramik biodegradabel macht. In einer zusätzlich zum beantragten Arbeitsprogramm durchgeführten Pilotstudie über 4 Wochen im Knochen von Kaninchen zeigte sich die gute Integrierung und Ausbildung von neuer Knochenmatrix durch die in den Kanalporen eingewanderten Zellen. Granulate: Unter Ausnutzung der Vernetzung von Alginatsol mit Ca-Ionen konnten durch Eintropfen der Alginat/HAP-Suspension Granulate mit an die Anwendung angepassten Eigenschaften entwickelt werden. Sowohl die Granulatgröße als auch die Zusammensetzung wurden in weiten Grenzen variiert. Die Granulatgröße wird durch die Alginatsol-Konzentration, den Anteil an keramischem Pulver und die Düsenöffnung bestimmt. Beschichtungen wurden sowohl auf keramischen Substraten als auch auf metallischen Trägern untersucht. Mit zunehmender Schichtdicke nimmt auf Grund der enormen Schwindungsraten beim Trocknen die Haftfestigkeit der Schichten stark ab. Sehr dünne Schichten weisen nur Porositäten im Nanometerbereich auf. In einem weiteren Projekt wurden Bedingungen für die Herstellung neuartiger Alginat-Hydrogele entwickelt, welche eine stark adhäsive Matrix für Neuronen darstellen und das Auswachsen von Neuriten begünstigt. Nur Hydrogele, welche mit substöchiometrischen Konzentrationen der Kationen Ca 2+, Ba2+ oder Sr2+ geliert wurden und bei denen maximal 3% der theoretisch verfügbaren Komplexierungsstellen mit Metallionen belegt waren zeigten die erwähnten positiven Eigenschaften gegenüber primären Neuronen in Monolayerkultur sowie gegenüber neuralen Sphäroiden. Um stimulativ auf Neuronen zu wirken musste keinerlei Modifizierung mit Komponenten der extrazellulären Matrix oder anderen Zusätzen vorgenommen werden; die Hydrogele konnten mit unterschiedlich viskosen Alginatsolen verschiedenen Ursprungs erzeugt werden. Neuronen, die auf den beschriebenen Hydrogelen kultiviert wurden zeigten sich geschützt gegenüber induziertem oxidativem Stress. Im Rahmen einer – zusätzlich zum beantragten Arbeitsprogramm durchgeführten und nicht mit Mitteln der DFG finanzierten – Pilotstudie am Ratten-Rückenmark konnte ein großes regeneratives Potential der neuen Hydrogele auch in vivo demonstriert werden. Die erarbeiteten Ergebnisse gehen weit über die altbekannte Funktion von Alginat-Hydrogelen als inerte Materialien für die Einkapselung von Zellen hinaus. Die neuartigen Gele könnten für die Entwicklung von Pharmaka für die Prophylaxe und Therapie von neurodegenerativen Erkrankungen, für die Unterstützung der neuronalen Regeneration im peripheren und zentralen Nervensystem und für Anwendungen im neuronalen Tissue Engineering interessant sein. Zukünftige Arbeiten und mögliche Anwendungen: Erkundung der maximal möglichen bzw. an medizin. Anwendung angepassten Dimensionen Parallelität der Porenkanäle bzw. Zunahme des mittleren Durchmessers mit steigender Strukturierungshöhe, Steuerung der Konzentration der Gelierionen im Elektrolyten während ionotroper Gelbildung Überwindung der Röntgentransparenz durch Zugabe von Elementen höherer Ordnungszahl Modell für Wirkstofffreisetzung und Perfusion für sowohl Polymere, Verbundwerkstoffe und auch Keramiken als auch möglich für unterschiedlichen Zelltypen, Drug Release unter Auffüllung der Nanoporosität im Braunkörperzustand und Anbindung an polymeren Phase (modifiziertes Hydrogel) Scaffold- bzw. Implantatmaterial in Humanmedizin zur Therapie von Knochendefekten - Bedarf weiterer Testung in Richtung klinischer Anwendung Hydrogele für die Kultivierung von neuronalen Zellen und für Anwendungen im Bereich der Regeneration von Verletzungen von Nerven.
Publications
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M. Matyash, F. Despang, R. Mandal, D. Fiore, M. Gelinsky, Ch. Ikonomidou
(See online at https://doi.org/10.1089/ten.tea.2011.0097)