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Quartäre Landschaftsentwicklung und aktuelle Morphodynamik in der zentralen Sahara (NE-Niger)

Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2004 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5427371
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des DFG- Projekts „Quartäre Landschaftsentwicklung und aktuelle Morphodynamik in der zentralen Sahara" wurden in den Jahren 2005 und 2006 im Rahmen des Teilprojekts „Paläopedologie" Untersuchungen an Feuchtzeitböden auf Altdünen an 25 Standorten entlang eines Transektes vom Sahel in Mauretanien und S-Niger bis in die zentrale Sahara in NE-Niger durchgeführt. Zur Abschätzung der Sedimentationsalter der durch Feuchtzeitböden überprägten Altdünen wurden 28 Proben aus den Bv- und C-Horizonten von 21 unterschiedlichen Standorten mit OSL datiert. Da in diesem Raum erstmalig OSL-Datierungen an Altdünen durchgeführt wurden und nur begrenzte Mittel zur Verfügung standen, wurde mehr Wert auf die Altersabschätzung von Dünenbildungsphasen in dem Großraum, als auf die Datierung von mehreren Proben aus einem Profil zur Absicherung der Daten und Bestimmung von Sedimentationsraten gelegt. Die oberflächennah anzutreffenden Feuchtzeitböden wurden kleinräumig kartiert, um aus dem räumlichen Nebeneinander von terrestrischen, semiterrestrischen und subhydrischen Böden der Paläoseebecken die Landschaftsstrukturen einer Region herauszuarbeiten. Womöglich wurden mehrere Bodenprofile entlang einer Catena gelegt, um diesen Zusammenhang zu belegen. Die jeweils am mächtigsten (=vollständigsten) Profile wurden beprobt. Die Quantifizierung der Rubefizierung (RR-Werte), und die im Labor ermittelten Gehalte an Feinsubstanz und pedogenen Oxiden dienten zur Charakterisierung der Verwitterungsintensität. Die Verteilung der Carbonate und löslichen Salze gab Aufschluss über Ausmaß und Dauer von äolischer Staubdeposition und der Mindesttiefe der Sickerwasserfronten in den Feuchtzeitböden. Auf Basis der OSL-Datierungen, die das Höchstalter der Feuchtzeitböden belegen sowie den Daten zur Verwitterungs- und Verlagerungsintensität konnten mehrere Phasen der Dünenausbreitung im Wechsel mit Feuchtzeiten identifiziert werden: Die ältesten Altdünen in der zentralen Sahara NE-Nigers stammen aus dem unteren (um 74 ka) und mittleren (um 32,4 ka) Jungpleistozän und wurden durch kräftig rubefizierte, tiefgründige Feuchtzeitböden mit Tonverlagerung geprägt. An der Bodenoberfläche lagern Stein Werkzeuge aus verschiedenen steinzeitlichen Kulturstufen (Aechrul bzw. Aterièn). Im oberen Jungpleistozän wurden etwa von 30 - 9,5 ka Altdünen des Ogolien von der zentralen Sahara bis in den südlichen Sahel z.T. als große, geschlossene Dünengebiete und als Leedünen im Bereich von Schichtstufen aufgeweht. Mit dem Übergang zu humideren Klimabedingtegen in der frühholozänen Feuchtzeit wurden die Dünenrücken der alten Ergs teilweise wieder eingeebnet. Während der anschließenden frühholozänen Feuchtzeit bildeten sich intensiv verwitterte Böden ohne Tonverlagerung auf den bereits abgeflachten Altdünen in der Sahelzone und Sahara Ostnigers über einen Zeitraum von 2.500 - 3.000 Jahren. Die tiefe Verlagerung löslicher Salze weist ebenso auf humide Klimabedingungen im gesamten Untersuchungsraum bis in die zentrale Sahara hin, wie die Existenz von oberflächennahem Grundwasser und der Ausbreitung von belebten Paläoseen. Von der südlichen Sahelzone bis zur zentralen Sahara, im äußersten Nordosten der Republik Niger, nehmen die Intensität der Verwitterung und die Tiefe der Bodenentwicklung ab, was den sich in gleiche Richtiung abschwächenden Monsuneinfluss belegt. Ein zusätzlicher Einfluss von Niederschlägen der nördlichen Westwindzone in der zentralen Sahara kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber (noch) nicht belegbar. Vor etwa 7.000 Jahren kam es vermutlich als Folge der abnehmenden Niederschläge zu einer Ausdünnung der Vegetationsdecke, Abtragung der Oberböden, Ablagerung von Kolluvien an Unterhängen und in Senken, sowie einer Ausbreitung von Hangschutt auf den Altdünenrampen an Schichtstufen. Vor 6.200 Jahren war das Klima bereits so arid, dass sich Altdünen im gesamten Großraum von der zentralen Sahara bis Mauretanien, Tschad und Nigeria während der mittelholozänen Ariditätsphase ausbreiteten, die bis etwa vor 3.500 Jahren anhielt. Während der anschließenden mittelholozänen Feuchtzeit entstanden in einem Zeitraum von etwa 1.000 Jahren schwach verwitterte und verbraunte Böden. Die oberflächennahe Anreicherung löslicher Salze deutet darauf hin, dass kaum mit tiefem Sickerwasser und Grundwassemeubildung unter den offenbar nur noch semiariden Klimabedingungen zu rechnen ist. Etwa vor 2.500 Jahren setzten wieder Klimabedingungen mit im Laufe der Zeit zunehmender Aridität ein. Die Vegetationsbedeckung ließ nach und abermals führten Starkniederschlage zum Abtrag der humosen Oberböden mit Bildung von Kolluvien und zum Auftrag von Hangschutt auf die mehr oder weniger stark denudierten Bodenreste der mittelholozänen Feuchtzeit. Vor etwa 2.000 Jahren setze dann die Aufwehung der jungholozänen Dünen ein, die bis zum Mittelalter anhielt. Sie wurde anschließend von einem relativ kurzen feuchten Klimaintervall unterbrochen, in dem sich Vegetation ausbreitete, die Dünen schwach verwitterten und verfestigten. Danach wurde das Klima wieder so arid, dass die Aufwehung der rezenten, mobilen Dünen und Flugsanddecken möglich wurde. Insgesamt zeigen die abnehmende Mächtigkeit und die zunehmend schwächere Ausprägung der Feuchtzeitböden durch Silicatverwitterung, Rubefizierung, Salz- und Tonverlagerung deutlich die Tendenz der in diesem Zeitraum großklimatisch zunehmenden Aridität vom unteren Jungpleistozän bis zum Mittelalter im Holozän. Ein schneller Übergang zwischen den Klimaphasen kann aus den Ergebnissen nicht abgeleitet werden. Die Denudation des Altdünenreliefs vor der Hauptphase der Bodenentwicklung, sowie die fluviale Erosion und der Hangschuttauftrag bei wieder einsetzenden arideren Klimabedingungen nach der Bodenentwicklung lassen eher auf längere morphodynamisch wirksame Übergangsphasen schließen. Die in den verschiedenen Feuchtzeiten entstandenen (Paläo-) Böden auf Altdünen der Sahelzone und Sahara wurden in den einzelnen Feuchtzeiten in einer unterschiedlichen, aber dennoch jeweils charakteristischen Weise geprägt. Daher stellen sie sowohl stratigraphische Leithorizonte dar, als auch gut geeignete Indikatoren für die Rekonstruktion des Paläoklimas und der Landschaftsgenese.

 
 

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