Entwicklung von Modellreduktionsmethoden zur Beschreibung der Fluid-Struktur-Wechselwirkung für schwimmende Strukturen im Hinblick auf Kenteranalysen
Final Report Abstract
In diesem Vorhaben wurde erstmalig eine Methode erarbeitet, mit der eine systematische Ordnungsreduktion eines mathematischen Modells zur Beschreibung der Bewegungen eines Schiffes im Seegang vorgenommen werden kann. Dafür wurde auf einen Modellansatz von Schmiechen (1973) zurückgegriffen, der von Söding (1987) um die Möglichkeit erweitert wurde, große Winkelbewegungen und damit Nichtlinearitäten abzubilden. Für das beispielhaft behandelte Modell eines realen Schiffes bedeutet dies, dass neben den zwölf Zustandsgrößen der Starrkörperbewegung weitere 246 Zustandsgrößen zur Beschreibung der Strömung um das Schiff nötig sind. Aus den Ergebnissen von Arbeiten wie z.B. Holmes u. a. (1996) oder Meyer (2002) ist zu erwarten gewesen, dass sich die dominierenden Teile der Dynamik dieser Strömung mit Systemen relativ niedriger Ordnung beschreiben lassen, wenn die Basisfunktionen gut gewählt sind. Ein nach Holmes u. a. (1996) und Antoulas (2005) zu diesem Zweck vorzüglich geeignetes Werkzeug bei nichtlinearen Systemen ist die Karhunen–Loeve–Transformation, die auch die Basis für dieses Vorhaben bildet. Es konnte gezeigt werden, dass die Erwartungen zutrafen. Bei einer Reduktion des Zustandsmodells zur Beschreibung der Strömung von 246 auf 5 Zustandsgrößen geht weniger als fünf Prozent der im vollständigen System enthaltenen kinetischen Energie verloren, bei 20 Zustandgrößen weniger als ein Prozent. Leider hat sich bei der Entwicklung der Modelle herausgestellt, dass trotz der fast vollständigen Beschreibung der Strömung die Simulationen mit den reduzierten Modellen nicht mehr stabil waren. Das Problem konnte verbessert werden, in dem zunächst Zwangsführungen der mechanischen Freiheitsgrade der Vorwärts-, Seit- und Gierbewegung implementiert wurde. Eine weitere große Verbesserung konnte erreicht werden, wenn die zwölf Zustandsgrößen der Starrkörperbewegung nicht in die Modellreduktion einbezogen wurden sondern nur die Zustandsgrößen aus dem Strömungsmodell. Trotz zahlreicher Versuche, die reduzierten Modelle durch gezielte Wichtungen einzelner Freiheitsgrade bei der Bestimmung der Basisfunktionen zu verbessern, blieben Systeme mit weniger als 35 Zustandsgrößen zur Beschreibung der Hydrodynamik in der Simulation instabil. Systeme mit 45 oder mehr Zustandsgrößen beschrieben das Verhalten des Ausgangsmodells vollständig. Mit dieser leider noch immer recht hohen Anzahl benötigter Zustandsgrößen ist das Ziel dieses Vorhabens trotz eines deutlichen Fortschrittes zur Ausgangssituation leider nicht erreicht worden. Die Systemordnung der reduzierten Modelle ist leider noch immer um eine Größenordnung zu hoch, obwohl dies aus den Berechnungen der Informationsinhalten der reduzierten Modelle nicht zu erwarten war. Dieses enttäuschende Ergebnis war aus den Vorarbeiten zu diesem Projekt und den früheren Erfahrungen mit Systemen zu Rad–Schiene Dynamik und langen schlanken Bohrsträngen nicht zu erwarten gewesen. Die Ursache liegt eindeutig im Aufbau dieses speziellen Modells und nicht in der Methode der Modellreduktion an sich. Als zuk¨ünftige Arbeiten waren Stabilitätsuntersuchungen mit Methoden der nichtlinearen Dynamik wie der Zellabbildungsmethode oder der Verzweigungsanalyse geplant. Ein solches Vorhaben kann jedoch erst dann sinnvoll begonnen werden, wenn es eine Möglichkeit gibt, die Systemordnung noch viel weiter als hier erreicht zu reduzieren. Da der Einsatz von Modellen mit reduzierter Systemordnung die Rechenzeiten anderer simulationsbasierter Analysen verringert, ist es durchaus vorstellbar, hier in vielen Fällen eine Verbesserung der Situation zu erzielen. Da die Rechenzeit pro Freiheitsgrad mit der Abnahme der Systemordnung ansteigt, müsste hier in Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabenstellung untersucht werden, in welchem Verhältnis die Zeitersparnis durch Ordnungsreduktion oder durch Parallelisierung zueinander stehen. Als Nebenerzeugnis dieses Vorhabens ist eine Einrichtung zur berührungslosen Positions- und Lagebestimmung eines bewegten Körpers entstanden. Die Daten liegen in Echtzeit mehr als zweihundert mal pro Sekunde bei einer Genauigkeit von weniger als einem Millimeter bzw. einem Hundertstel Grad vor. Diese Einrichtung ist für alle Dynamikuntersuchungen interessant, in denen die Positions- und Lagedaten in hoher Genauigkeit und in Echtzeit zur Verfügung stehen müssen. Neben weiteren Untersuchungen mit dem Schwimmkörper zur Fluid–Struktur–Wechselwirkung wurde in 2009 basierend auf diesen Erkenntnissen ein Containerbrückenversuchsstand im Rahmen des DFG–Graduiertenkollegs ”Seehäfen für Containerschiffe zukünftiger Generationen” gebaut, da mit der hier entwickelten Einrichtung die Bewegungen des Containers präzise und schnell erfasst werden können.
Publications
- Bifurcation Analysis in Ship Dynamics. In: Campen, D.H. van (Hrsg.); Lazurko, M.D. (Hrsg.); Oever, W.P.J.M. van den (Hrsg.): Proc. of the ENOC-2005 (Eindhoven, Netherlands, August 7–12, 2005). Eindhoven, 2005, S. 1769–1775
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- Analysis of critical motions of floating structures. In: PAMM - Proc. in Appl. Math. Mech. 2006
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- A Method for the Model Reduction of a Wave-excited Floating Body. In: Proc. of the IUTAM Symposium on Fluid-Structure Interaction in Ocean Engineering (Hamburg, Germany, July 23-26, 2007). Kreuzer, E. (ed.). Dordrecht/...: Springer Verlag, 2008, S. 179-190
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- Dynamic positioning of a floating structure. In: PAMM Proc. in Appl. Math. Mech. (2007)
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- Ein Beitrag zur numerischen und experimentellen Untersuchung extremer Schiffsbewegungen. Fortschritt-Ber. VDI, Reihe 11, Nr. 339. Düsseldorf: VDI Verlag, 2009
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