Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde die numerische Simulation von bewehrten Stahlbetonbauteilen unter Verwendung eines Multiskalenansatzes untersucht. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag in der Modellierung des Verbundes zwischen den Komponenten Stahl und Beton. Im Allgemeinen wird zur Simulation des Verbundverhaltens zwischen Stahl und Beton in einer makroskopischen Struktur ein Materialgesetz definiert, dessen Parameter aufgrund von Ausziehversuchen bestimmt werden. In numerischen Simulationen wird der Verbund mit Hilfe von Feder- oder Interfaceelementen abgebildet. Die Verbundwirkung zwischen Stahl und Beton ist allerdings von vielen Einflüssen abhängig, wie z.B. der Betonzusammensetzung oder dem Spannungszustand im Verbundbereich. Dies führt dazu, dass experimentelle Untersuchungen an einem Probekörper in einem Ausziehversuch nur bedingt geeignet sind, allgemeine Aussagen für das Verbundverhalten zu liefern. Innerhalb des Projektes wird aus diesem Grund ein Multiskalenansatz vorgeschlagen, der direkt Mesoskalensimulationen im Bereich der Bewehrung mit makroskopischen Bauteilsimulationen verknüpft. Im detaillierten Modell auf der Mesoebene wird der Beton nicht mehr als homogenene Struktur simuliert, sondern die Bestandteile Zuschlag und Mörtelmatrix sowie die Interfacezonen an den Materialübergängen werden separat berücksichtigt. Dadurch können die Schädigungsmechanismen genauer modelliert werden, und müssen nicht, wie allgemein üblich, in einem makroskopischen Modell verschmiert abgebildet werden. Die Materialparameter für die Mesoskalensimulation wie E-Modul oder Druck- und Zugfestigkeiten der einzelnen Materialphasen sind aus Experimenten ermittelbar. In einer makroskopischen Simulation besteht nun die Möglichkeit, für jeden Integrationspunkt auf der Makroskala eine separate Berechnung auf der Mesoebene durchzuführen. Aufgrund der Komplexität des Mesomodells führt diese Vorgehensweise allerdings zu einem sehr hohen numerischen Aufwand. Aus diesem Grund wird im Projekt ein Ersatzmodell in Form eines neuronalen Netzes verwendet, welches die Antwort der Mesoskalensimulation als Funktion der Belastung in Form von aufgebrachten Verschiebungen approximiert. Ausgehend von Mesoskalensimulationen, bei denen die Belastung in Form aufgebrachter Verschiebungen als Eingangsgrößen des neuronalen Netzes variiert wird, kann das neuronale Netz mit Hilfe verschiedener Optimierungsalgorithmen trainiert werden. In Bereichen, die ausserhalb des Trainingsdatensatzes liegen, wird eine Extrapolation vorgenommen. Dieser Ansatz ermöglicht einerseits die direkte Berücksichtigung der heterogenen Struktur auf der Mesoebene und damit eine realistische Abbildung der tatsächlich stattfindenden Schädigungsmechanismen im Verbundbereich, und gleichzeitig eine Simulation auf der Bauteilebene unter Berücksichtigung der Mesoskalenstruktur. Der im Projekt entwickelte Multiskalenansatz soll auf andere Bereiche übertragen werden. Insbesondere ist die Entwicklung eines makroskopischen Materialgesetzes für Beton geplant, welches durch ein neuronales Netz beschrieben wird. Der Trainingsaufwand zur Bestimmung der freien Parameter des neuronalen Netzes ist aber in diesem Fall aufgrund der höheren Dimension (6 Dehnungskomponenten verglichen mit normaler und tangentialer Rissöffnung) wesentlich höher, d.h. die Anzahl der erforderlichen Mesoskalensimulationen steigt beträchtlich an. Aus diesem Grund ist es notwendig, Symmetriebedingungen auszunutzen (z.B. soll bei einaxialer Belastung die Antwort unabhängig von der Belastungsrichtung sein). Dies kann durch sogenannte verschachtelte neuronale Netze erreicht werden. Weiterhin muss im allgemeinen Fall die Belastungsgeschichte berücksichtigt werden, d.h. es muss zwischen Be- und Entlastung unterschieden werden können. Dies ist u.a. durch die Verwendung von zusätzlichen Eingangsparametern im neuronalen Netz wie z.B. der Verwendung der Eingangsgrössen des vorherigen Schrittes möglich. Des Einfluss des size-Effekts, d.h. der Einfluss der Grosse des Mesomodells auf die Antwortfunktion, muss insbesondere für die Erweiterung auf Betonsimulationen genauer untersucht werden, da in Bereichen, in denen Lokalisierung auftritt, ein repräsentatives Volumenelement nicht mehr existiert. Zusätzliche Untersuchungen sind für die Bestimmung der Parameter der stochastischen Verteilung der Materialkennwerte wie Korrelationslänge und Korrelationskoeffizienten erforderlich. Im Projekt wurden hierfür nur Näherungsansätze verwendet und Sensitivitätsuntersuchungen durchgeführt, die mit Hilfe von experimentellen Studien verifiziert werden sollten.