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Mikrostrukturelle Charakterisierung eigenschaftsdegradierender Mechanismen während der Schnellerwärmung und -abkühlung beim Lasergasnitrieren von Titanwerkstoffen

Applicant Dr. Jörg Kaspar
Subject Area Synthesis and Properties of Functional Materials
Term from 2003 to 2009
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5409624
 
Final Report Year 2008

Final Report Abstract

Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die im Zeitraum vom 01.09.2003 bis 31.12.2007 an lasergasnitrierten Proben verschiedener Titanlegierungen erzielten Ergebnisse. Ziel des abgeschlossenen Projektes war die Aufklärung der beim Lasergasnitrieren unter statischer, zyklischer und tribologischer Beanspruchung wirksamen mikrostrukturellen Versagensmechanismen. Die Untersuchungen konzentrieren sich dabei auf folgende Schwerpunktaufgaben; - Detaillierte Aufklärung der Gefüge und Mikrostrukturen, die sich beim Lasergasnitrieren unterschiedlicher Titanlegierung (cp-Ti, Ti-6AI-4V, Ti-4,5AI-3V-2Mo-2Fe, Ti-10V-2Fe-3AI) in Abhängigkeit vom Stickstoffangebot (Variation des Stickstoffanteils im Prozessgas von 0 % bis 25 %) bilden. ' Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften und Kavitationsverschleißbeständigkeit unterschiedlich lasergasnitrierter und nachbehandelter Proben sowie Aufklärung der Struktur-ZEigenschafts-Beziehungen. ' Vertiefte Untersuchung der Rissempfindlichkeit und des Ermüdungsverhaltens lasergasnitrierter Proben aus Ti-6AI-4V. Aufbauend auf die im vorangegangenen Projekt zum Lasergasnitrieren der Legierung Ti-6AI-4V erzielten Ergebnisse wurde im Ralimen des laufenden Forschungsprojekts erstmals systematisch untersucht, wie sich der beim Lasergasnitrieren eingebrachte Stickstoff auf die Mikrostruktur, den Eigenspannungszustand, die mechanischen Eigenschaften und die Verschieißbeständigkeit der lasergasnitrierten Schichten auswirkt. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen zusammengefasst: 1) Die strukturanalytischen Untersuchungen lieferten neue, über den bisherigen Wissensstand hinausgehende Erkenntnisse über die in der lasergasnitrierten Randzone in Abhängigkeit vom Stickstoffangebot und der Legierungszusammensetzung ablaufenden Erstarrungsrea ktionen und Festphasenumwandlungen. Demnach wird bei geringem Stickstoffangebot der über die Schmelze aufgenommene Stickstoff interstitiell im hexagonalen Titangitter (a- und a'-Ti) gelöst. Oberhalb eines kritischen Stickstoffanteils im Prozessgas^ beginnt die Bildung der für die mechanische Belastbarkeit der lasergasnitrierten Proben schädlichen groben und spröden Titannitridphasen (TINo.s, TiNx) aus der Schmelze. Mit steigender ß-Stabilisierung der Legierung nimmt die interstitielle Löslichkeit des Stickstoffs im Titangitter deutlich ab und der Einsatz der Titannitridbildung wird zu geringeren Stickstoffanteilen verschoben. Dies hat zur Folge, dass das beim Lasergasnitrieren von Titanwerkstoffen zur Verfügung stehende Prozessfenster zur Erzeugung verschleißfester und gleichzeitig mechanisch hoch belastbarer Randschichten sich mit zunehmender ß-Stabilisierung deutlich einschränkt 2) Beim Lasergasnitrieren genügen bereits geringe Stickstoffangebote, um die Härte und die Kavitationsverschleißbeständigkeit der unterschiedlichen Titanlegierungen beträchtlich zu steigern. Die Maxima der Härte und Kavitationsverschleißbeständigkeit werden in der ß-Ti-Legierung Ti-10V-2Fe-3AI bereits bei etwa 5 % Stickstoffanteil, in den beiden (a+ß)- Ti-Legierung SP700 und Ti-6AI-4V bei etwa 13 % Stickstoffanteil und in der a-Ti- Legierung cp-Ti bei etwa 25 % Stickstoffanteil erreicht. Die Kavitationsverschleißbeständigkeit wird in allen Legierungen hauptsächlich durch die Mischkristallhärtung des im hexagonalen Titangitter gelösten Stickstoffs hervorgerufen. Da das cp-Ti am meisten Stickstoff interstitiell lösen kann und außerdem aufgrund seiner geringen Härte im Anlieferungszustand die geringste Kavitationsverschleißbeständigkeit aufweist, ist in dieser Legierung das Steigerungspotential am größten. Bemerkenswert ist weiterhin, dass sich die Kavitationsverschleißbeständigkeit der drei Legierungen cp-Ti, Ti-6AI-4V und SP700 in etwa auf das gleiche ausgezeichnete Niveau steigern lässt, obwohl die Legierungen im Anlieferungszustand deutlich unterschiedliche Verschleißbeständigkeiten aufweisen. 3) Nach dem Lasergasnitrieren existieren in der lasergasnitrierten Schicht insbesondere quer zu den Laserspuren erhebliche Zugeigenspannungen. Durch eine nachträgliche Wärmebehandlung (500 °C - 650 °C) können diese teilweise oder sogar vollständig abgebaut werden. Eine solche Spannungsarmglühung führt in Abhängigkeit vom Legierungstyp und Stickstoffanteil zu einer maximalen Härtesteigerung zwischen 80 HV und 200 HV, jedoch nur zu einer geringfügigen Verbesserung der Kavitationsverschleißbeständigkeit 4) Das Verformungsverhalten der lasergasnitrierten Randschichten unter statischer und zyklischer Beanspruchung hängt wesentlich von ihrem strukturellen Aufbau und ihrem Oberilächenzustand ab. Als maßgebliche eigenschaftsdegradierende Elemente, die für die Zunahme der Rissempfindlichkeit bei statischer Biegebelastung und den deutlichen Abfall der Dauerschwingfestigkeit mit steigendem Stickstoffanteil verantwortlich sind, wurden aus der Schmelze erstarrte, grobe Titannitridphasen (TiNo,3, TiNx) und dünne Deckschichten identifiziert. Die Deckschichten, die sich bei der Abkühlung durch Festphasendiffusion an der Oberfläche der lasergasnitrierten Schichten bilden, sind aus spröden Titannitridphasen und gröberen a-Ti-Kömern {"a-case") aufgebaut und enthalten feine Poren und Risse. 5) Werden durch Begrenzung des Stickstoffanget>otes beim Lasergasnitrieren die Bildung grober und spröder Titannitride in der Schicht vermieden und außerdem die defektbehafteten Deckschichten durch eine sorgfältige Schleifbehandlung von der Oberfläche entfernt, kann die Dauerschwingfestigkeit von lasergasnitriertem Ti-6AI-4V auf ein bisher unerreichtes Niveau angehoben werden und sogar die sehr hohe Dauerschwingfestigkeit des Anlieferungszustandes mit Luftfahrtspezifizierung übertroffen werden. 6) Das Ermüdungsverhalten lasergasnitrierter Randschichten, die auf Grund der beim Lasergasnitrieren eingesetzten niedrigen Stickstoffanteile nitridfrei sind, ist stark durch ihre Kerbempfindlichkeit geprägt. Die bei sehr niedrigen Stickstoffanteilen (2 %) erzeugten Randschichten weisen eine sehr niedrige Kerbempfindlichkeit auf. Dagegen sind die bei etwas höheren Stickstoffanteilen (9 %) erzeugten Randschichten sehr kerbempfindlich. Dies hat zur Folge, dass feine Poren, die sich beim Lasergasnitrieren im unteren Bereich der Schicht gebildet haben bei zyklischer Beanspruchung rissauslösend wirken und damit die Dauerschwingfestigkeit der lasergasnitrierten Proben begrenzen. Aus diesem Grund kann die überragende Dauerschwingfestigkeit des unter 2 % Stickstoffanteil lasergasnitrierten Zustandes für höhere Stickstoffanteile (5 % bis 13 % Stickstoffanteil) nicht mehr ganz erreicht werden. Da der Rissursprung bei diesen Proben deutlich unterhalb der Probenoberfläche liegt, wird enwartet, dass die Dauerschwingfestigkeit durch das Einbringen von Druckeigenspannungen in die oberflächennahe Bereiche, z. B. durch Kugeldruckstrahlen, nicht weiter verbessert werden kann. Nach bisheriger Einschätzung war das Lasergasnitrieren von Titanwerkstoffen nicht auf zyklisch beanspruchte Bauteile anwendbar, weil die mit dem Verfahren angestrebte Erhöhung der Härte zur Verbesserung der Verschleißbeständigkeit mit einem drastischen Veriust an zyklischer Festigkeit einherging. Im Gegensatz dazu konnten im Rahmen des laufenden Projektes erstmals Ansatzpunkte gefunden werden, die diese Einsatzgrenze überwinden und Prozess- und Behandlungsparameter aufzeigen, mit denen neben einer erhöhten Verschleißbeständigkeit auch hohe statische und zyklische Festigkeiten realisierbar sind. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten, das Lasergasnitrieren in Zukunft auch für zyklisch hochbelastete Bauteile aus Titan Werkstoffen einzusetzen. Dabei wird das größte Anwendungspotenzial für niedrig ß-stabilisierte Titanlegierungen, d. h. die Klasse der a-, "near a"- und niedrig stabilisierten (a+ß)-Titanlegierungen gesehen.

Publications

  • J. Kaspar, A. Luft, S. Bonß, B. Winderiich, B. Brenner "A detailed study of the microstructure formed during laser nitriding of Ti-6AI-4V under different gas atmospheres" Proceedings ofthe 10th Worid Conference on Titanium, 13. -18. July 2003, Hamburg, eds. G. Lütjering, J. Albrecht, Wiley-VCH, 2004, 949.

  • J. Kaspar, J. Bretschneider, S. Bonß, B. Winderiich, B. Brenner, E. Beyer Laser nitriding: A promising way to improve the cavitation erosion resistance of Ti-6AI-4V Proc. Ofthe Third Intern. WLT-Conference on Lasers in Manufacturing, LIM2005, 13.-16 Juni 2005, München, Hrsg. E. Beyer, F. Dausinger, A. Ostendorf, A. Otto, ATFachveriag GmbH (2005), Stuttgart, 393-398.

  • J. Kaspar, J. Bretschneider, S. Jacob, S. Bonß, B. Winderlich, B. BrennerMicrostructure, hardness and cavitation erosion behavior of Ti-6AI-4Vlaser nitrided under different gas atmospheres" Surface Engineering 23 (2007), 99-106 (vgl. Anlage 3, [52])

 
 

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