Quantitative Paläoenvironment- und -klimarekonstruktion für das Holozän Zentralasiens
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Datierung von zwei Bohrkernen aus Seen des östlichen Tibet-Plateaus erbrachte relativ verlässliche Alters-Tiefen-Modelle, anhand derer der zeitliche Verlauf der Seen-Entwicklung und der klimatischen Änderungen in der Region für die letzten ca. 19.000 Jahre nachvollziehbar wurde. Die Becken beider Seen wurden offenbar Hochglazial durch das Vordringen und die erosive Wirkung von Talgletschern angelegt. Sehr frühzeitig nach dem globalen Hochglazial vor ca. 21.000 Jahren erfolgten das Abschmelzen der Gletscher und die Auffüllung der hinterlassenen Hohlformen durch die Schmelzwässer. Die Umweltbedingungen waren in Zeitraum zwischen ca. 19.000 und 15.000 Jahren vor heute jedoch nach wie vor sehr kalt und trocken, so dass nur eine spärliche, alpine Steppen-Vegetation zur Ausbildung kam. Ungefähr zeitgleich zur spätglazialen Erwärmung des Bøllings und Allerøds in Nordeuropa und im Nordatlantik-Raum erfolgte eine deutliche Zunahme der Temperaturen und vermutlich auch der Niederschläge auf dem Tibet-Plateau. Weitere Parallelen zur Klimaentwicklung in Nordeuropa und in der Nordatlantik-Region lassen sich anhand von offenbar synchron auftretenden Kältephasen belegen, die der Periode der Jüngeren Dryas und dem 8.2 ka event im Nordatlantik und in Nordeuropa entsprechen. Eine relativ enge Kopplung des Klimas auf dem Tibet-Plateau mit dem klimatischen Regime der höheren Breiten der Nordhemisphäre lässt sich anhand der erzielten Ergebnisse belegen. Im Gegensatz zur nordeuropäischen Region erfolgte die frühholozäne Erwärmung jedoch abrupt, so dass sich bereits vor ca. 10700 Jahren die wärmsten und feuchtesten Verhältnisse auf dem östlichen Tibet-Plateau einstellten. Im Mittelholozän erfolgte dann bereits eine allmähliche Abkühlung, die vermutlich durch einen Rückgang der Niederschläge begleitet wurde. Die im Rahmen des Projektes erzielten Ergebnisse zeigen, dass eine relativ frühzeitige Entwicklung von Seen auf dem Tibet-Plateau unmittelbar nach dem globalen Hochglazial nur dann erfolgte, wenn hinreichende Schmelzwassermengen zur Verfügung standen und entsprechende, zum Teil vergletscherte Einzugsgebiete vorlagen. Ein weiteres, interessantes Ergebnis des Projektes ist die zeitliche Zuordnung des frühesten menschlichen Einflusses in der östlichen Region des Tibet-Plateaus auf einen Zeitpunkt vor etwa 3400 Jahren. Der menschliche Einfluss stellt sich insbesondere als Folge der Beweidung der die Seen umgebenden Areale dar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2008. Investigation of Recent Ostracod and Mollusc Fauna on the Southern Margin of the Tibetan Plateau with Regard to Hydrochemical and Physical Factors. unpublished project report, 5 pp
Küttner, A.
- 2009. A late glacial and Holocene lake record from the Nianbaoyeze Mountains and inferences of lake, glacier and climate evolution on the eastern Tibetan Plateau. Quaternary Science Reviews, 28: 1970-1983
Zhang, C., Mischke, S.
- 2009. An ostracod-inferred large Middle Pleistocene freshwater lake in the presently hyper-arid Qaidam Basin (NW China). Quaternary International
Mischke, S., Sun, Z., Herzschuh, U., Qiao, Z., Sun, N.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.quaint.2009.03.002) - 2009. Late Quaternary environment of the south-eastern Tibetan Plateau – ecosystem and climate dynamics inferred from pollen and nonpollen palynomorph assemblages. PhD thesis at the Faculty of Mathematics and Natural Sciences of the University of Potsdam, 120 pp
Kramer, A.
- 2009. Late Quaternary environmental history of the south-eastern Tibetan Plateau inferred from the Lake Naleng nonpollen palynomorph record. Vegetation History and Archaeobotany
Kramer, A., Herzschuh, U., Mischke, S., Zhang, C.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00334-009-0219-5)