Oxidschichten auf reinem Cr als auch auf binäre Ni-Cr Legierungen wachsen prinzipiell überwiegend durch Cr-Transport und zeigen eine höhere Oxidationsrate aber bessere Haftung wenn die Chromoxidschichten auf diesen Werkstoffen in Atmosphären mit niedrigem p(O2) Ar-H2-H2O im Vergleich zu Atmosphären mit hohem p(O2)Ar-O2 wachsen. Die Ursache dafür ist eine wesentlich fein-körnigere, innere Zone der Oxidschicht, die im Testgas mit niedrigem p(O2) und/oder in feuchtem Testgas mit hohem p(O2) Ar-O2-H2O gebildet wird. Diese innere, feinkörnige Zone entsteht im wesentlichern durch Gasphasentransport (Rahmel- Tobolski-Mechanismus) von sauerstoffhaltigen Spezies in Poren an der Metall-Oxid-Grenzfläche. Die Poren sind das Resultat von Leerstellenkondensation, bedingt durch den Cr Transport durch die Oxidschicht. Das Vorhandensein von wasserstoffhaltigen Sauerstoffspezies im Testgas hat eine komplexe Wirkung auf das Oxidwachstum. 1. Die Chromoxidschicht reagiert bevorzugt mit wasserstoffhaltigen Sauerstoffspezies, wenn diese im Testgas vorhanden sind. 2. Reagiert eine Cr2O3 Schicht mit wasserstoffhaltigen Sauerstoffspezies dann wird nicht nur der Sauerstoff in das Oxidgitter eingebaut sondern auch der Wasserstoff. Es entstehen H-Defekte im Chromoxidgitter. 3. Das Vorhandensein von H-Defekten ändert die Defektchemie von Cr2O3. In hohem p(O2) werden die H-Defekte durch zusätzliche Cr-Leerstellen kompensiert und in sehr niedrigem p(O2) (nahe dem Zersetzungsdruck des Cr-Oxids) werden H-Defekte kompensiert indem Cr-Interstitials unterdrückt werden. Diese Prozesse finden sowohl im Oxidgitter als auch in den Oxidkorngrenzen statt. 4. Y-Zusätze sind in niedrigen p(O2) und in feuchten, hohen p(O2) Testgasen nicht so effektiv, weil Y nur an die Oxidkorngrenzen segregiert und so den Kationen (Cr)- Transport wegen seines hohen Atomradius behindert. Im Oxidkorninneren kommt Y nicht zum Tragen. Y wirkt nur dann eine Zeitlang sehr effektiv, wenn es direkt auf die Oxidoberfläche aufgebracht wird, z.B. durch Ionen implantation. Jedoch mit zunehmender Oxidationszeit (mehrere 100 h) lässt auch hier die Wirkung nach. 5. Mn Zusätze bewirken die Bildung eines Mn/Cr Spinells and der Oxid-Gas- Grenzfläche. Der Mn/Cr Spinell hat eine wesentlich niedrige Sauerstofftransferrate als Chromoxid. Auf die Haftungseigenschaften hat Mn keine positiven Effekte. 6. Wasserstoff in den Poren an der Metall-Oxid-Grenzfläche fördert dort den Gasphasentransport von Sauerstoffspezies von der Oxidseite der Pore zu der Metallseite, die so oxidiert werden kann. Dadurch wird die Pore von der Grenzfläche ins innere der Oxidschicht verschoben. Dieser Mechanismus sorgt in erster Linie für die hervorragende Oxidhaftung. Warum die Sauerstofftransferrate von Wasserdampf beim Mn/Cr Spinell im Vergleich zu Chromoxid niedriger ist, muss noch geklärt werden. Des Weiteren sind noch viele Fragen zum Transportmechanismus von Wasserstoffhaltigen Spezies durch die Chromoxidschicht zu beantworten, z.B. wie der Wasserstoff in die Poren an der Metall-Oxid-Grenzfläche kommt. Um hier mehr Einsicht zu gewinnen wurde bereits ein Nachfolgeprojekt gestartet.