Molekulare Systeme und Festkörper mit Vanadium(IV)-Sauerstoff- und Vanadium- Sauerstoff-Phosphorbindungen sind von beträchtlichem Interesse in der heterogenen Oxidationskatalyse. Beim Übergang vom Molekül zum Festkörper im Bereich weniger Nanometer großer Teilchen und in Lösung ist eine zweifelsfreie Strukturaufklärung mit klassischen Methoden nicht möglich. Durch den Einsatz von modernen hochauflösenden Methoden der Elektronenparamagnetischen Resonanz (EPR) wie der Impuls-Elektronen-Kern- Doppelresonanz (ENDOR) und der Hyperfine-Sublevel-Correlation-(HYSCORE)- Spektroskopie konnten die Strukturen von verschiedensten paramagnetischen {V-O-P}, {VO} und {V-0-V}-Komplexen in Lösung und auf Festkörperoberflächen detailliert aufgeklärt werden. Die in ihrer atomaren und elektronischen Struktur charakterisierten molekularen Vanadiumverbindungen auf oxidischen und fluoridischen Oberflächen enwiesen sich als geeignete Modellsysteme für Katalysatoren in selektiven Oxidationsreaktionen. Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurden ein- und zweikernige Vanadiumkomplexverbindungen mit ein-, zwei und mehrzähnigen sowie makrocyclischen Liganden mit Sauerstoff-, Stickstoff-, Fluoro- und Chloro-Donoren auf Oxid- und Fluoridoberflächen synthetisiert und strukturell charakterisiert (Träger: Ti02, AI2O3, Si02, AIF3). In vielen Fällen konnte die Natur der Bindung an die Oberfläche sehr genau aufgeklärt werden. Vor allem Impuls-EPRTechniken in Kombination mit DFT-Rechnungen ermöglichten die detaillierte strukturelle Aufklärung der Vanadiumoberflächenkomplexe. Für das Cäsiumsalz der Molybdovanadophosphorsäure CS4PVM011O40XH2O wurden die Wechselwirkungen des paramagnetischen VO^*-Zentrums mit allen relevanten Kernen des Keggin-Systems ermittelt (^H, ^^P, ^V and ^^^Cs). Der Aufbau eines Q-Band (35 GHz) Impuls-ENDOR-Spektrometers konnte erfolgreich realisiert werden. Die Veränderungen der atomaren und elektronischen Struktur der Vanadiumverbindungen während der thermischen Behandlung, während und nach der Katalyse (oxidative Dehydrierung von Propan, ODH) sowie ausgewählte stöchiometrische Reaktionen wurden in situspektroskopisch verfolgt (Infrarot und EPR). Es konnten klare Aussagen sowohl zum Redoxverhalten der Zentren, als auch zu den Veränderungen unter katalytischen Bedingungen gemacht werden. Merkliche Unterschiede zwischen den klassischen oxidischen Trägermaterialien und den erstmals synthetisierten und charakterisierten Fluorid-Trägerkatalysatoren lieferten wesentliche neue Erkenntnisse zur Rolle des Gittersauerstoffs im Katalysezyklus bei solchen geträgerten molekularen Systemen. Isolierte ein- und zweikernige Vanadium- Oberflächenkomplexe wiesen bemerkenswerte Aktivitäten und Selektivitäten in der oxidativen Dehydrierung von Propan sowie einen prägnanten Einfluss der Trägermaterialien auf. Die Ergebnisse legen nahe, die bisher vielfach angenommene Rolle von isolierten, einkernigen Vanadiumspezies in der Oxidationskatalyse (ODH von Propan) zu überdenken.