Das als Pilotstudie konzipierte Forschungsprojekt "Großbetrieb und Landschaft im Wandel der Wirtschaftsweisen. Die hessische Domäne Frankenhausen und ihr Umland (18. bis 20. Jahrhundert)" hat zu wesentlichen Erkenntnisfortschritten gegenüber dem bisherigen Forschungsstand hinsichtlich der Existenz, Typologie, Funktion, Organisation, Verwaltung, Bewirtschaftung und des Landschaftswandels von landwirtschaftlichen Großbetrieben westlich der Elbe gefuhrt und damit vielversprechende Möglichkeiten für weitere Forschungen eröffnet. Die Ergebnisse belegen die große Bedeutung der hessen-kasselischen Domänengüter für die Landesherrschaft ebenso wie für die ländliche Gesellschaft. Die Domänengüter trugen zur Versorgung des Hofs, zur Finanzierung der Landesverwaltung und zur Unterhaltung der fürstlichen Familie bei. Sie sicherten der Landesherrschaft eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit von den Ständen, dienten zur wirtschaftlichen Absicherung einzelner Mitglieder des fürstlichen Hauses und stellten ein Instrument in der Bildung von Patronage-Klientel-Beziehungen dar. Gleichzeitig repräsentierten die Domänengüter die Landesherrschaft im Land gegenüber Adel und Untertanen sowie in Grenznähe gegenüber benachbarten Souveränitäten. Für die ländliche Gesellschaft waren die Domänengüter bis in das 19. Jahrhundert vor allem als Arbeitsort von zentraler Bedeutung, wie die große Zahl an Tagelöhner- und Handwerkerhaushalten in den Dörfern um die Güter belegt. Außerdem bildeten die Domänengüter zusammen mit den Adelsgütern die Basis für die Ausbildung einer bislang wenig beachtete soziale Gruppe innerhalb der ländlichen Gesellschaft: die Pächter. Diese überaus flexible, juristisch geschulte, in administrativen Angelegenheiten erfahrene und zunehmend landwirtschaftlich gebildete und ökonomisch potente Gruppe trug maßgeblich zur Vorreiterfunktion der Domänengüter bei der Einführung moderner Bewirtschaftungsprinzipien und -techniken im 19. Jahrhundert bei. Jedoch sind die Domänengüter nicht generell als Orte einer rationalen und "zukunftsfähigen" Landwirtschaft anzusehen, wie die Auflösung und die Aufsiedlung von Gütern belegt. Ebenso wenig waren alle Domänengüter "Mustergüter", auf denen "Pioniere der Landwirtschaft" tätig waren. Das Scheitern und der Bankrott einzelner Pächterfamilien geben hiervon beredetes Zeugnis. Insbesondere zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Wirtschaftsweise auf den Domänengütern von Elementen der Beharrung hinsichtlich der Anbauweisen und Haltungsformen geprägt. Hauptursache hierfür waren allerdings die Restriktionen der Domänen Verwaltung. Während in den Frankenhausen benachbarten Dörfern bereits eine intensive die Besömmerung der Brachen betrieben wurde, mussten die Pächter weiterhin einen Großteil der Brache unbestellt liegen lassen, wollten sie nicht gegen den Pachtvertrag verstoßen. Außerdem stand die Schafzucht einer weitgehenden Besömmerung der Brache im Weg. Bemerkenswert ist auch, dass die ausgeräumte Landschaft, die Frankenhausen in der Gegenwart kennzeichnet, nicht die Folge des landwirtschaftlichen Großbetriebs der Frühen Neuzeit ist. Landwirtschaftlicher Großbetrieb und gegliederte Landschaft schlössen sich zumindest bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht gegenseitig aus, wie die landschaftshistorische Analyse erbrachte. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die relativ geringe Größe des Untersuchungsraumes entstand eine landschaftshistorische Analyse mit großer Tiefenschärfe. So konnte die Landschaftsgeschichte des landwirtschaftlichen Großbetriebes Frankenhausen en detail und zugleich fundiert eingebunden in den jeweiligen Rahmen sozialer und ökonomischer Entwicklungen nachgezeichnet und analysiert werden. Hierdurch wurde eine qualitativ hochwertige Landschaftsforschung von großer Zuverlässigkeit erreicht. Zudem konnten wichtige Ergebnisse u. a. im Hinblick auf die Relevanz von betriebsinternen und betriebsexternen Faktoren des Landschafswandels gewonnen werden. Durch den — auf dieser Ebene in seiner Detailliertheit bislang wenig erprobten Einsatz von GIS - konnten wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Möglichkeiten digitaler Informations Systeme in der historischen Landschaftsforschung erreicht werden. Die Aufarbeitung des historischen Kartenmaterials in Verbindung mit den zahlreichen Sachinformationen in den Attributtabellen ermöglichte einen hohen Informationsgewinn durch GIS-Abfragen. Im GIS erstelltes, visuell attraktives Kartenmaterial, trug zugleich zur Analyse konkreter landschaftshistorischer Fragestellungen bei.