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Wortschatz in Bewegung: Mehrsprachige Wörterbücher und lexikalischer Wandel zwischen dem Moskauer Staat und Polen-Litauen in der Frühen Neuzeit
Antragstellerin
Professorin Dr. Irina Podtergera
Fachliche Zuordnung
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 527792400
Das Projekt zielt auf ein neues Verständnis der Mechanismen der sprachlichen und kulturellen Interaktion im Osteuropa der Frühen Neuzeit. Den Forschungsgegenstand bilden zwei umfangreiche mehrsprachige Wörterbücher: (1) das griechisch-slavisch-lateinische Wörterbuch von Epifanij Slavineckij, einem Kiewer Gelehrten, der in der Mitte des 17. Jh. in Moskau wirkte, und (2) das 1704 in Moskau gedruckte slavisch-griechisch-lateinische Leksikon trejazychnyj von Fedor Polikarpov, das eine überarbeitete und zum Teil russifizierte Version von Epifanijs Wörterbuch darstellt. Beide Wörterbücher sollen im Rahmen des Projekts digitalisiert und in einem lexikographischen Portal zusammengezogen werden. Auf dieser Datengrundlage erfolgt in einer Reihe von Veröffentlichungen eine vertiefte Analyse der Wirkung ruthenischer Literaten auf die Entwicklung der Schriftsprache im Moskauer Staat. Darüber hinaus wird in Fallstudien aufgezeigt, wie sich russische Intellektuelle durch die Vermittlung von Gelehrten aus Polen-Litauen das westeuropäische (griechisch-lateinische) Wortgut und somit das westeuropäische geistige Erbe zu eigen machten. Das Heranziehen moderner kontaktlinguistischer Ansätze zur systematischen Erfassung des lexikalischen Wandels und speziell der Entlehnungen und Entlehnungswege ermöglicht eine feinere Analyse der (ost)slavischen Wechselseitigkeit in der Frühmoderne. Zugleich wird die ostslavische Lexikographie als eine kulturelle Praxis betrachtet, die aus Polen-Litauen nach Moskau wanderte und ein Amalgam aus der griechisch-(kirchen)slavischen, lateinisch-polnischen und ruthenisch-russischen Tradition darstellte. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, werden neben philologischen und linguistischen Methoden die neuesten Computertechnologien genutzt. Bei der Aufbereitung der Texte für die Aufnahme in das lexikographische Portal werden HTR-Tools (Transkribus, eScriptorium) eingesetzt. Es wird eine Datenbank mit XML/TEI-Auszeichnung erstellt, die beide Wörterbücher und ausgewählte Testtexte aus demselben Kulturkreis enthält. Um eine automatisierte vergleichende Untersuchung des Wortschatzes zu ermöglichen, werden schließlich Tools entwickelt, die die zu untersuchenden Wörterbücher und Texte miteinander verknüpfen. Beide Wörterbücher werden über das freigeschaltete Wörterbuchportal für die weitere Forschung dauerhaft nutzbar gemacht. Darüber hinaus wird eine separate Edition des Polikarpov-Lexikons mit einem umfangreichen wissenschaftlichen Forschungsteil vorbereitet. Das Portal wird die Möglichkeit bieten, weitere lexikographische Werke und andere Quellen aufzunehmen, was in Zukunft eine breit angelegte Analyse der Entwicklungstendenzen der Lexik im ostslavischen Sprachraum erlaubt und neue Perspektiven für die Erforschung des ruthenischen (ukrainisch-belarussischen) Einflusses auf die Entwicklung der Schriftsprache in Russland eröffnet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen