Insulin im ZNS: Effekte intranasal verabreichten Insulins auf Nahrungsaufnahme, Gedächtnis und Stoffwechselparameter bei Gesunden und in klinischen Gruppen
Final Report Abstract
Insulin ist im zentralen Nervensystem (ZNS) wirksam und hat dabei wichtige behaviorale, kognitive und auch metabolische Effekte. Dabei ermöglicht die intranasale Applikationsroute beim Menschen die direkten Wirkungen von Insulin im Gehirn im Zustand der Euglykämie zu untersuchen. Im vorliegenden Projekt wurden die Effekte intranasal verabreichten Insulins (vs. Placebo) bei Gesunden erfasst, und zwar nach mehrfacher akuter Gabe (Exp. 1, N=63) und nach langzeitlicher Gabe (über 8 Wochen mit 8-wöchigem Follow-up, Exp. 2, N=44). Ein wesentliches Ziel war die Untersuchung der differentiellen Sensitivität für zentrale Insulinwirkungen bei Männern vs. Frauen. Alle Frauen nahmen keinerlei hormonelle Verhütung vor. Erfasst wurden Nahrungsaufnahme, Blutzucker und periphere Hormone (Insulin, Leptin, Östradiol, Cortisol), Komponenten des deklarativen Gedächtnisses (visuell-räumlich, verbal), Symptome, Befindlichkeit und elektrophysiologische Indikatoren. Bei langzeitlicher Gabe wurden zudem u. a. der Body Mass Index (BMI) und das Schlafverhalten gemessen. Nahrungaufnahme und BMI: Intranasales Insulin führt nur bei Männern, nicht bei Frauen, zu einer Abnahme der Nahrungsaufnahme in einer standardisierten Testmahlzeit, sowohl nach akuter (Exp. 1) als auch nach langfristiger Verabreichung (Exp. 2). Nach langfristiger Gabe stellt sich zudem nur bei Männern eine Reduktion des BMIs ein. Zudem geht die Gabe intranasalen Insulins (akut) mit einer verbesserten Korrespondenz zwischen subjektivem Hunger und Nahrungsaufnahme einher, was eine verbesserte Interozeption von Hunger nahelegt. Blutzucker und peripheres Insulin: Hier zeigen sich Effekte nur nach akuter Applikation: Im Rahmen einer komplett euglykämischen Stoffwechsellage wird eine signifikante Abnahme des peripheren Blutzuckerspiegels unter Insulin und ein Anstieg des peripheren Insulinspiegels im Vergleich zur Placbobedingung nur bei Männern nachweisbar. Gedächtnisfördernde Effekte zentralen Insulins zeigen sich in Aufgaben, die eine visuellräumliche Gedächtnisleistung beinhalten. Dabei wird die Verbesserung in dieser Komponente der Gedächtnisleistung nur bei Frauen bei niedrigem Östrogenspiegel wirksam. Bei Männern kommt es infolge intranasalen Insulins (im Maximum der kumulativen Dosis) zu einer schlechteren Leistung bei verbal-deklarativen Aufgaben. Rolle des Östrogens: Es wurde erstmals der Zusammenhang zwischen Zyklusstand (und damit Östrogenspiegel) und den Effekten intranasalen Insulins auf Nahrungsaufnahme, Gedächtnis, Hormone und Blutzucker untersucht. Die Daten legen nahe, dass gedächtnisfördernde Effekte zentralen Insulins durch niedrige Östrogenspiegel begünstigt werden. Aufmerksamkeit und regionale neuronale Aktivität: Intranasales Insulin führt zu reduzierten Latenzen akustisch-evozierter Potentiale, sowohl nach akuter als auch langzeitlicher Gabe. Erste Befunde zur Veränderung der regionalen neuronalen Aktivität nach Langzeitgabe intranasalen Insulin in einer Substichprobe verweisen u. a. auf eine Zunahme der neuronalen Aktivität in limbischen und paralimbischen Strukturen. Schlafdauer: Erstmals konnte eine Verringerung der Schlafdauer infolge langfristiger Insulingabe selektiv bei Frauen gezeigt werden. Insgesamt belegen die Ergebnisse in der Mehrzahl der erfassten Variablen eine differentielle Sensitivität für zentrale Insulinwirkungen: Männer reagieren auf die nahrungsaufnahme- und Körpergewicht-reduzierenden und auf die glukoregulatorischen Effekte zentralen Insulins, die vor allem über hypothalamische Strukturen vermittelt werden. Bei Frauen zeigen sich positive Effekte intranasalen Insulins in hippocampal und kortikal vermittelten Funktionen in Form einer verbesserten Leistung im visuell-räumlichen Gedächtnis, in verbesserter Aufmerksamkeit und reduzierter Schlafdauer.
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