Retrovirale Onkogene sind mutierte und hochselektierte Varianten zellulärer Proto-Onkogene, deren Proteinprodukte an entscheidenden entwicklungsbiologischen Stellen in Wachstums- und Differenzierungsprozesse spezialisierter Zellen eingreifen. Das virale Onkogenprodukt des AMV-Virus (v-Myb) transformiert myeloide Vorläuferzellen und verursacht im Tier eine akute Myeloblastose. Unsere Forschungsarbeiten zeigten, dass v-Myb, anders als das zelluläre c-Myb Proto-Onkogenprodukt, nicht mehr mit dem C/EBP Transkriptionsfaktor funktionell kollaboriert. Ursache dafür sind drei Punktmutationen in der v-Myb-DNA-Bindungsdomäne, die im Gegensatz zu dem Proto-Onkoprotein c-Myb die Bindung des Histone 3 (H3) N-terminus verhindert. Dies wirkt der Azetylierung von H3 Lysin18/23 im Chromatin entgegen. Die Azetylierung von H3 ist jedoch Voraussetzung für die Aktivierung von Myb-C/EBP regulierten Differenzierungsgenen, und deren Unterdrückung ist ein entscheidender Schritt in der Leukemogenese. Durch pharmakologische Behandlung von v-Myb transformierten Leukämiezellen (Inaktivierung von Deazetylasen) konnte die H3-Azetylierung normalisiert und die Leukämiezellen zur Differenzierung gebracht werden. Unsere Arbeiten haben einen entscheidenden Schritt der myeloiden Genregulation in der Normalentwicklung und bei der pathologischen Leukemogenese geklärt.