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Fotografische Erfassung

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 1999 bis 2000
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5168626
 
Mit dem neuen Medium Fotografie werden seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur schöne, bedeutende oder wohlhabende Menschen porträtiert, sondern auch Kriminelle: Diebe, Mörder, Betrüger, in erster Linie Männer aber auch Kinder und Frauen. Die von der Polizei hergestellte Fotografie verändert sich im Laufe der Zeit, gehorcht eigenen ästhetischen Gesetzen. In dieser Studie wird erstmalig - mit umfangreichem Quellenmaterial aus Europa - die Geschichte des Polizei- bzw. Fahndungsfotos dargestellt und mit Bildbeispielen illustriert. Fotografische Erfassung ist allerdings ein mehrdeutiger Begriff: Das technisch erzeugte Bild des Polizeiarchivs, das der Identifizierung des Täters dient, ist zugleich Gegenstand eines wissenschaftlichen Zugriffs. Einen Dieb fassen, heißt immer auch seine Daten erfassen. Fotografien und Daten wandern in einen anderen Kontext; sie werden Gegenstand von anthropologischen, biologischen, medizinischen, kriminalanthropologischen Untersuchungen und in neuen Archiven klassifiziert und spezifischen Deutungsprozessen unterworfen. Mit diesem Sprechen über die fotografischen Abbildungen von Verbrechern beschäftigt sich der zweite Teil der Studie. Die im Entstehen begriffene Kriminologie entwirft Bilder über den Kriminellen, interpretiert seine Physiognomie und sein Körperbild, erstellt Tätertypen. Welche Vorstellungen vom Bösen, vom Anderen, vom Verbrecher werden uns hier überliefert? Anhand zahlreicher Bild- und Textquellen verschiedener Wissenschaften (Anthropologie, Ethnologie, Kriminologie, Kriminalbiologie) werden die kulturellen Muster von Kriminellen, die der wissenschaftliche Diskurs erzeugt, rekonstruiert. Diese interdisziplinäre kulturwissenschaftliche Studie umfaßt den Zeitraum von 1840 bis 1945, verfolgt also Wahrnehmungsgeschichte, allerdings mit einem Ausblick in die Gegenwart, wo uns immer noch die historischen Bilder in modifizierter Form beschäftigen.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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