Mikrostrukturelle Untersuchungen zur Kinetik der Dehnungsakkumulation und der Schädigungsentwicklung beim Kriechen kurzfaserverstärkter Aluminiumlegierungen.
Final Report Abstract
Mit dem vorliegenden Projekt konnten neue mikrostrukturelle und mechanische Erkenntnisse zum Kriechverhalten von kurzfaserverstärkten Metallmatrixverbundwerkstoffen (Metal Matrix Composites, MMC) erworben werden. Im speziellen wurde ein Verbundwerkstoff untersucht, der aus dem Matrixmaterial Al-11 Gew.-% Zn-0,2 Gew.-% Mg besteht, das mit 15 Vol.-% Saffil®-Fasern verstärkt ist. Hierbei ist die Matrixlegierung ein Modellwerkstoff, dessen Eigenschaften bereits umfassend untersucht wurden. Minikriechproben, die bereits für Ni-Basis-Superlegierungen im 1000°C-Bereich bei relativ hohen Gesamtdehnungen validiert wurden, kamen erstmals für die Untersuchung von MMCs zum Einsatz. Es zeigte sich, dass trotz der geringen Duktilität des MMCs die Minikriechproben zur Untersuchung des MMC-Kriechverhaltens eingesetzt werden können. Die Minikriechproben erlaubten eine materialsparende und ortsgenaue Untersuchung des MMCs. Dadurch konnten aus kleinen, mittels Schmelzdruckinfiltration hergestellten MMC-Volumina, die jeweils eine regellos planare Fasertextur und unterschiedliche Korngrößen besaßen, zahlreiche Proben des MMCs entnommen werden. Anhand von Kriechversuchen an Minikriechproben, die aus unterschiedlichen Bereichen und in unterschiedliche Richtungen des MMCs entnommen wurden, konnten Richtungs- und Korngrößenabhängigkeiten des MMC-Kriechverhaltens untersucht werden. In der Faserebene konnte, übereinstimmend mit Kriechversuchen an Druckkriechproben, ein isotropes MMC-Kriechverhalten gezeigt werden. Eine Korngrößenabhängigkeit konnte für die vorhandenen mittleren Korngrößen nicht festgestellt werden. Lastwechselkriechversuche mit Minikriechproben zeigten, im Unterschied zu Lastwechselkriechversuchen mit Druckkriechproben, auch nach der minimalen Kriechrate eine steigende Rückdehnung, die wahrscheinlich durch die Spannungserhöhung im Querschnitt zustande kommt. Ein nach langen Entlastungszeiten einsetzendes Vorwärtskriechen, wie es durch das MMC-Kriechmodell von Dlouhy et al. vorhergesagt wird, konnte wie bei den Lastwechselkriechversuchen mit Druckkriechproben nicht beobachtet werden. Mittels Versetzungsdichtemessungen, die im Zusammenhang mit transmissionselektronenmikroskopischen (TEM)-Untersuchungen des MMCs durchgeführt wurden, konnten erstmals verfestigte Zonen um die verstärkenden Fasern quantitativ nachgewiesen werden. Die verfestigte Zonen bestätigen z.T. das von Dlouhy et al. aufgestellte MMC-Kriechmodell. Durch die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Fasern und des Matrixmaterials kommt es nach der Schmelzdruckinfiltration während der Abkühlung des MMCs zu inneren thermischen Spannungen. Dadurch liegen bereits im gegossenen MMC-Zustand verfestigte Zonen um die Fasern vor. Werden MMC-Folien im TEM in-situ geheizt, findet eine Erholung des Matrixmaterials statt. Im in-situ geheizten MMC-Zustand sind daher die verfestigten Zonen um die Fasern nicht mehr vorhanden. Wird der MMC dagegen kriechverformt, steigt die Versetzungsdichte in den verfestigten Zonen weiter an. Eine in-situ Verformung des MMCs im TEM führt ebenfalls zu einer Erhöhung der Versetzungsdichte. Auch alternative Möglichkeiten wurden eingesetzt, um die verfestigten Zonen um die Fasern nachzuweisen. Mittels EBSD-Untersuchungen konnten erhöhte Kristallmisorientierungen in Fasernähe detektiert werden, die durch Versetzungsnetzwerke, wie sie in verfestigten Zonen vorliegen, verursacht werden können. Nanoindentationsmessungen hingegen eigneten sich nicht zum Nachweis der verfestigten Zonen in Fasernähe. Eine für den hier betrachteten MMC erstmals eingesetzte Prüftechnik ist die zerstörungsfreie Röntgenmikrotomographie im Synchrotron. Es konnten nach der Kriechverformung Faserbrüche nachgewiesen werden. Ein großer Anteil der Faserbrüche war zu Poren aufgeweitet, die restlichen Faserbrüche waren mit Matrixmaterial angefüllt. Meist finden Brüche in Fasern parallel zur Kriechspannungsrichtung statt, da diese der größten Belastung ausgesetzt sind. Im gegossenen MMC-Zustand liegen kleine, fein verteilte Poren vor. Im MMC steigt die Porendichte mit der Faserdichte an, da die Fasern die Schrumpfung des abgegossenen Matrixmaterials nach der Schmelzdruckinfiltration behindern. Mit der Kriechverformung bilden sich neue Poren im MMC, bereits vorhandene Poren wachsen. Durch die erfolgreich durchgeführten TEM- und Röntgenmikrotomographieuntersuchungen werden Möglichkeiten aufgezeigt, die Mikrostruktur des MMCs weitergehend zu erforschen. In-situ Kriechversuche im Synchrotron könnten neue Einblicke und Erkenntnisse zur Schädigungsentwicklung im MMC liefern. Hierbei könnte untersucht werden, ob das Füllen der Faserbruchzwischenräume mit Matrixmaterial von der Spannung und der Temperatur während des Kriechversuchs abhängt. Außerdem könnten im Vergleich zu Untersuchungen im TEM mithilfe der orientierungsabbildenden Mikroskopie im REM Analysen von Versetzungsnetzwerken an „größeren“ Probenoberflächen des MMCs durchgeführt werden. Die in dieser Arbeit untersuchten Versetzungsreaktionen an Fasern lassen sich auch auf andere kurzfaserverstärkte Metalle übertragen. Jedoch müssten im Gegensatz zum hier verwendeten Modellwerkstoff Legierungen, die derzeitig im Leichtbau zum Einsatz kommen, wenn möglich als Matrixmaterial verwendet werden, um das wahre Potential der MMCs zu bestimmen.
Publications
- Mechanische und mikrostrukturelle Untersuchungen an einer kurzfaserverstärkten Aluminiumlegierung, Dissertation, 2010, Ruhr-Universität Bochum
D. Kurumlu
- High Temperature Strength and Damage Evolution in Short Fiber Reinforced Al-Alloys Studied by Miniature Creep Testing and Synchrotron Microtomography, Acta Mat., 60 (2012) pp. 67-78
D. Kurumlu, E.J. Payton, M.L. Young, M. Schöbel, G. Requena, G. Eggeler
(See online at https://doi.org/10.1016/j.actamat.2011.09.022)