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Proteinfaltung und -fehlfaltung an Membrangrenzflächen unter elektrostatischer Kontrolle: Schwingungs-Starkeffekt, oberflächenverstärkte und Nano-Infrarotspektroskopie
Antragsteller
Dr. Jacek Artur Kozuch
Fachliche Zuordnung
Physikalische Chemie von Molekülen, Flüssigkeiten und Grenzflächen, Biophysikalische Chemie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 500707750
Seit der Entdeckung von intrinsisch ungeordneten Proteinen und Peptiden wurde klar, dass sowohl Struktur als auch das Fehlen einer Struktur gezielt in der Aminosäuresequenz kodiert sein können und Bindungspartner nötig sind, um Disorder-to-Order-Übergänge zu induzieren. Dies birgt jedoch ein hohes Risiko schwerer Fehlfaltung oder sogar Proteinaggregation, wie sie bei Alzheimer oder Diabetes Typ 2, welche Hauptursachen für Demenz sind, beobachtet werden. Bei diesen Proteinaggregationskrankheiten zeigen die Peptide β-Amyloid (Aβ) oder Inselamyloidpolypeptid (IAPP) eine verstärkte Fehlfaltung an Membrangrenzflächen, welche zu Funktionsstörungen oder sogar zum Zelltod führt. Membranelektrostatik spielt bei den strukturellen Übergängen hin zur Bildung von Amyloiden eine besondere Rolle: abhängig von der Membranzusammensetzung, insbesondere von dem Gehalt negativ geladener Lipide, zeigen die Peptide ein umfassendes polymorphes Verhalten, das zu verschiedenen α-Helix- und β-Faltblattstrukturen führt. Interessanterweise bilden einige dieser Spezies α-helikale transmembrane Kanalstrukturen, die frühzeitig die elektrostatischen Eigenschaften der Membran beeinträchtigen.Hiermit stellt sich die Frage, wie der Verlauf der Faltung dieser polymorphen, krankheitsrelevanten Peptide nicht nur von Lipidzusammensetzung, sondern auch vom elektrostatischen Transmembranpotential gesteuert wird. Um einen Einblick in diese Frage zu erhalten, soll hier eine experimentelle Strategie verwendet werden, die sich auf der oberflächenverstärkten IR-Absorption (SEIRA) und nanoscale IR-Spektroskopie in Verbindung mit angebundenen Doppelschicht-Lipidmembransystemen (tBLMs) und dem Schwingungs-Starkeffekt (VSE) stützt. Die Kombination von tBLMs und SEIRA ermöglicht die Beobachtung der Faltung von Aβ und IAPP in situ an und in Membranen verschiedener Zusammensetzungen und unter direkter Kontrolle des Transmembranpotentials. Darüber hinaus können mithilfe molekularbiologischer Methoden CN-gruppenhaltige nicht-natürliche Aminosäuren, mit denen lokale elektrostatische Umgebungen im Rahmen des VSEs quantifiziert werden können, eingeführt werden. Letzteres ist eine Strategie, um verschiedene polymorphe β-Faltblatt-Amyloidspezies zu identifizieren, die ansonsten basierend auf IR-Spektroskopie schwer zu unterscheiden sein können. Zuletzt wird der SEIRA-tBLM-Ansatz auf nanoscale IR-Spektroskopie ausgeweitet, bei denen Rasterkraftmikroskopiespitzen als Antennen verwendet werden, um IR-Spektren heterogener Systeme mit einer lateralen Auflösung von ca. 30 nm zu erfassen. Die Ergebnisse dieses Projekts werden dazu beitragen, zu verstehen, wie bestimmte elektrostatische Bedingungen an Membranen polymorphe Peptide entlang ihrer flachen Konformationslandschaft in Richtung gefalteter oder fehlgefalteter Strukturen im Zusammenhang mit Amyloiderkrankungen dirigieren können.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen