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Wie das sasanidische Wissen und Literatur an die Muslims Weitergegeben wurde. Eine Neubewertung des Kulturtransfers durch Übersetzung in der Spätantike

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 496242252
 
Dieses Vorhaben zielt darauf, den paradigmatischen Begriff "griechisch-arabische Übersetzungsbewegung" in Frage zu stellen. Diese Etikettierung ist ein Nebenprodukt der in den letzten zwei Jahrhunderten durchgeführten Forschung darüber, wie die klassischen Schriften in der frühislamischen Zeit ins Arabische überführt wurden. Diese Forschungen suggerieren, dass Übersetzungen hauptsächlich aus dem Griechischen angefertigt wurden und überbetonen die Weitergabe von Philosophie und Naturwissenschaften zum Nachteil anderer Bereiche, z.B. Geschichte, Recht, Belletristik, aber insbesondere auch der religiösen Werke. Das vorgeschlagene Projekt stellt die These auf, dass wir das Phänomen der Übersetzung in der frühislamischen Zeit besser kontextualisieren können, wenn wir das gesamte Übersetzungsspektrum in seinem spätantiken historischen Kontext betrachten, bestehend aus dem oströmischen Reich und dem Sasanidenreich. Die Untersuchung der Übertragung der griechisch-hellenistischen Wissenschaft ins Syrische und dann ins Arabische bildet das westliche Kapitel dieses Prozesses, welches in den letzten Jahrzehnten im Zentrum des historischen Interesses stand. Es gibt jedoch noch das ungeschriebene "orientalische" Kapitel dieser Geschichte des Kulturtransfers, das hier unser Hauptanliegen konstituiert: die Stellung des Mittelpersischen bei der Verbreitung des griechischen, indischen und iranischen wissenschaftlichen, literarischen und religiösen Schrifttums. Entgegen der geläufigen Forschungsmeinung behauptet unsere Hypothese, dass die Übersetzung angesichts der multikulturellen, mehrsprachigen und multireligiösen Natur des Reiches bereits vor der Geburt des Islam eine fest verankerte, offiziell unterstützte und blühende Disziplin in der sasanidischen Gesellschaft war. Als akkreditierte intellektuelle Institution setzte sich die Übersetzungspraxis von der frühen sasanidischen Ära bis in die frühislamische Zeit kontinuierlich fort. Auch wenn es aufgrund der durch die islamischen Eroberungskriege verursachten Unruhen zu einer vorübergehenden Verlangsamung des Übersetzungsprozesses kam, blieben die (lokalen) Traditionen der wissenschaftlichen Forschung und des Ideenaustauschs größtenteils ununterbrochen. Neu in dieser soziokulturellen Matrix war die Ankunft der arabischen Sprache als Rezipient. Das stetige Wachstum des Arabischen zu einer universellen Sprache und zur Lingua Scientia des neu gegründeten expansiven islamischen Reiches führte schließlich zu einer Neuorientierung im weiter bestehenden Übersetzungsfeld; Arabisch wurde zu einem vereinheitlichenden Medium einer Reihe von literarischen Sprachen. Das Projekt wird in zwei Schritten verfolgt. Nach Erstellung eines Inventars der durch Übersetzung erworbenen mittelpersischen Literatur werden die Auswahlkriterien für die Übersetzung ins Arabische untersucht. Schließlich wird dokumentiert und diskutiert, wie das Sasanidische Wissen an die Muslime weitergegeben wurde.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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