Die Atlantische Tiefenwasserzirkulation, durch die große Mengen an Wärmeenergie in hohe Breiten transportiert und ein beträchtlicher Anteil an CO2 in große Wassertiefen verbracht wird, stellt einen entscheidenden Faktor für das globale Klimasystem dar. Um zukünftige Klimaentwicklungen vorhersagen zu können, ist es daher entscheidend Mechanismen und Zusammenhänge zu verstehen, die die Tiefenwasserausbreitung steuern. Hierzu liegt der Schlüssel in der Erforschung der Vergangenheit, weil dadurch das Verhalten der Zirkulation unter verschiedenartigen Randbedingungen untersucht werden kann. Eine viel versprechende Methode um die Stärke der Tiefenwasserströmung im Atlantik zu rekonstruieren ist das Verhältnis der beiden Radioisotope 231Pa und 230Th im Sediment, die beide homogen aus dem natürlichen Uran im Meerwasser entstehen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Maxima dieses Verhältnisses zeitgleich zu extremen Klimaereignissen auftraten. Neben der Stärke der Atlantischen Zirkulation kann das 231Pa/230Th jedoch auch von anderen Parametern (Partikelfluss, Chemismus der Wassermasse) gesteuert werden. Dieses Projekt hat sich daher zum Ziel gesetzt die Randbedingungen der Anwendbarkeit des 231Pa/230Th-Proxies anhand von Messdaten zu untersuchen. Hierzu wurden 231Pa/230Th-Tiefenprofile (zurück bis 35.000 Jahre) an sechs Schlüsselstellen des Atlantiks mit Proxies für Partikelfluss und Wassermasse verglichen. Es wurde der Einfluss des partikelreichen östlichen Ozeanrandes untersucht. Dort wurde vermutet, dass durch verstärkte Bioproduktivität übermäßig viel an 231Pa aus der Wassersäule ausgewaschen wird und dadurch niedrigere 231Pa/230Th Werte im Restatlantik verursacht werden, die aber nicht Folge aktiver Zirkulation sind. Es stellte sich jedoch heraus, dass weder im Holozän noch im letzten Glazial dieser Prozess stark genug war, um das 231Pa/230Th-Budget des Atlantiks entscheidend zu stören. Dennoch wurde allgemein eine starke Korrelation von Partikelfluss und 231Pa/230Th festgestellt. Deutlich hat sich hierbei der Einfluss von partikulärem Opal auf das 231Pa/230Th herausgestellt. Bei einem Tiefenprofil im Westatlantik konnten drei 231Pa/230Th-Exkursionen festgestellt werden, die zeitgleich zu prominenten Kälteereignissen stattfanden, aber auch sehr eng das Auftreten von opalbildenden Algen nachzeichneten. Die Folgerung einer früheren Studie, dass erhöhte 231Pa/230Th allein auf eine Abschwächung der Atlantischen Zirkulation zurück zu führen sind, konnte damit nicht bestätigt werden. Andererseits zeigen an anderer Stelle 231Pa/230Th-Variationen ohne signifikante Änderungen im Partikelfluss Wechsel der dominierenden Wassermasse an. Der enge Zusammenhang zwischen Partikelfluss und Wassermasse einerseits und 231Pa/230Th andererseits verdeutlicht, dass das 231Pa/230Th einzelner Kerne nur bedingt zur Rekonstruktion der atlantischen Zirkulation verwendet werden kann und zukünftig besser räumlich und zeitlich gemittelte Daten heranzuziehen sind.