Turbulenz und deren Modellierung ist trotz stetig steigender Rechenleistung selbst langfristig unerlässlich für die Simulation technischer Strömungen. Während mit heutigen Modellierungsansätzen bereits gute Ergebnisse erzielt werden können, bleibt die Wahl eines Turbulenzmodells und dessen Anwendung ein fehleranfälliger und weitgehend empirischer Prozess. Insbesondere abgelöste Strömungen reagieren äußerst sensibel auf die gewählten Modelle und Modellparameter, was die Sicherheit der Vorhersage beschränkt. Um dieser Problematik zu begegnen, wurde die Dissipationselementeme- bzw. Stromliniensegmentemethode vorgeschlagen, um einerseits eine mathematisch eindeutige Beschreibung eines turbulenten Strömungsfeldes zu ermöglichen und andererseits geometrisch-topologische Eigenschaften der in der Strömung auftretenden Strukturen zu berücksichtigen, die als Basis zukünftiger Turbulenzmodelle dienen sollen. In der ersten Förderperiode konnten für homogene Turbulenz und glatte Kanalströmungen bereits verschiedene Skalierungsgesetzmäßigkeiten aufgezeigt und eine Modellfunktion für die Wahrscheinlichkeitsverteilung solcher Strukturen in Abhängigkeit ihrer Parameter erarbeitet werden. Im Fokus der aktuellen Förderperiode stand die Anwendung und Erweiterung der erarbeiteten Zusammenhänge auf einen komplexeren, durch druckgradienten geprägten Strömungsfall. Hier wurde eine Kanalströmung mit einer welligen Kanalwand gewählt. Diese zeichnet sich durch ihr hochgradig anisotropen und inhomogenen Charakter aus, der in einer Vielzahl etablierter Turbulenzmodelle nicht berücksichtigt wird. Dazu wurde die Messstrecke des Windkanals Eiffeler Bauart des AIA an der RWTH Aachen University erneuert und einseitig mit einer anpassbaren Wandkontur ausgestattet. Für die Untersuchungen wurden zwei Wellengeometrien (Kanalhalbhöhe von 50mm, Wellenlänge von 100 mm, Wellenamplituden von 2.5 bzw 5 mm) ausgewählt. Die sich ergebende Strömung wurde zunächst mittels planarer PIV-Messungen und Laser- Doppler-Anemometrie erfasst und mit aus der Literatur bekannten Ergebnissen verglichen. Dabei konnte eine vollumfängliche Übereinstimmung erzielt werden. Insbesondere die Lage und Größe der Ablösung im Falle der größeren Wellenamplitude entsprechen den Literaturangaben vollständig. Auf Basis der planaren PIV-Messungen wurde der Druckgradient mittels der RANS-Gleichungen rekonstruiert und Regionen mit positiven und negativen Druckgradienten identifiziert. Abschließend wurden die Gradientenfelder zur Auswahl der Messvolumina für die tomographischen PIV-Messungen herangezogen. Aufgrund der hohen Anforderungen an die tomographischen Messungen zur Identifikation gradientenbasierter Strukturen wurde der Messaufbau und die Nachbereitung der Daten speziell für den zu messenden Fall optimiert. Insbesondere das methodeninhärente Messrauschen der tomographischen Messtechnik konnte mittels einer adäquaten Filterung auf Basis etablierter Fehlerabschätzungen kompensiert werden. Die Analyse der turbulenten Strukturen wurde auf Basis der Stromliniensegmentmethode durchgeführt. Dazu wurden die Reynoldszahl, die Wellengeometrie und der Messort variiert. Nach der Auswertung aller Aufnahmen konnten für homogene Turbulenz bekannte Zusammenhänge bezüglich der Universalität der Strukturlängenverteilungsfunktion sowie der Skalierung der mittleren Strukturlänge mit √ηλ bestätigt werden. Gleichzeitung wurde aufbauend auf der Modellfunktion zur Beschreibung der Strukturstatistiken nachgewiesen, dass die Asymmetrie der Stromliniensegmentstatistik durch mittlere Strömungsgrößen wie der lokalen, mittleren Beschleunigung maßgeblich beeinflusst wird und daher in zukünftigen Modellierungsvorhaben berücksichtigt werden muss. Zudem wurde ein grundsätzlich abweichendes Verhalten der durch die Ablösung beeinflussten Messvolumina festgestellt. Die grundlegende Kinematik der Stromliniensegmente wird hier durch häufige Teilungs- bzw. Verschmelzungsprozesse der Strukturen gestört. Die gewonnenen Erkenntnisse erweitern das Verständnis der Stromliniensegmente als geometrisch motivierte Strukturbeschreibung turbulenter Prozesse von weitgehend synthetischen Erkenntnissen auf realitätsnähere Strömungsfälle. Während sich Skalierungs- und Verteilungsgesetzmäßigkeiten auch in diesen Fällen bestätigen lassen, konnte ein deutlich abweichendes Verhalten im Einflussbereich der Ablösung beobachtet werden. Dies ist dahingehend von besonderem Interesse, da heutige Turbulenzmodelle abgelöste Strömungen bisher nicht akkurat abbilden. Das grundsätzlich andere Verhalten dieser Strömungsbereiche liefert daher einen Ansatzpunkt, um Turbulenzmodellierung in Zukunft in dieser Hinsicht zu verbessern.