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Wie beeinflusst die Konzeptualisierung von außer Kontrolle geratener Sexualität die sozialen, klinischen und rechtlichen Folgen für Betroffene?

Fachliche Zuordnung Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 466178460
 
Es gibt eine anhaltende Debatte darüber, wie man außer Kontrolle geratenes Sexualverhalten (AKGS), das mit Leidensdruck und Funktionseinschränkungen einhergeht, konzeptualisieren sollte. Einige Kliniker, Wissenschaftler und öffentliche Interessengruppen verstehen AKGS als eine Impulskontrollstörung, andere als eine Sucht, eine sexuelle Störung oder lehnen es ab eine Störung festzustellen, da es eine Variante normalen Verhaltens sei. Oft spielen neurowissenschaftliche Befunde eine zentrale Rolle in dieser Debatte, um Argumente für oder gegen ein bestimmtes Konzept zu unterstreichen. AKGS wird heute als typisch männliche psychische Störung angesehen und frühere Untersuchungen zeigen, dass Annahmen über Geschlecht und biologische Ursachen den Umgang mit AKGS beeinflussen können.Obwohl AKGS als Impulskontrollstörung in die ICD-11 aufgenommen wird, hält die Debatte über die Konzeptualisierung an. In dieser Debatte werden die Konsequenzen für die Betroffenen jedoch selten berücksichtigt. Dies ist überraschend, da unerwünschte soziale, klinische und rechtliche Konsequenzen Hauptgründe dafür waren, dass AKGS als hypersexuelle Störung nicht in das DSM-5 aufgenommen wurde. Es ist dennoch nach wie vor fast nichts darüber bekannt, wie Konzeptualisierungen die Wahrnehmung und Behandlung von Menschen mit AKGS beeinflussen können.Der vorliegende Antrag zielt darauf ab, diese Wissenslücke zu schließen. Es sollen soziale, klinische und rechtliche Konsequenzen verschiedener Konzeptualisierungen untersucht werden. Das Projekt konzentriert sich auf die am häufigsten diskutierten Konzeptualisierungen von AKGS (Impulskontrollstörung vs. Sucht vs. sexuelle Störung vs. keine Störung) und die Konzeptualisierung als neurobiologische Störung, durch die Betonung veränderter Gehirnstruktur und -funktion. Außerdem soll geprüft werden, ob die unterschiedlichen Konzepte zu vergleichbaren Effekten bei Männern und Frauen führen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Arbeit in drei Studien unterteilt werden, in denen die sozialen (Studie 1), klinischen (Studie 2) und rechtlichen (Studie 3) Konsequenzen anhand randomisierter webbasierter Fallvignetten bewertet werden: In Studie 1 wird untersucht, wie sich unterschiedliche Konzepte auf die Stigmatisierung von Betroffenen auswirken. In Studie 2 werden klinische Entscheidungen und Empathie von Fachleuten für psychische Gesundheit gegenüber Betroffenen mit AKGS beforscht. In Studie 3 soll untersucht werden wie Betroffene mit AKGS von Richtern beurteilt werden, wenn sie eine Sexualstraftat begangen haben. Dabei soll der Einfluss von Konzeptualisierung auf das Urteil und die Einschätzung der Schuldfähigkeit in einem hypothetischen Strafverfahren untersucht werden.Auf diese Weise soll die Wissenslücke über die sozialen, klinischen und rechtlichen Folgen einer Konzeptualisierung von AKGS geschlossen werden. Die gewonnenen Daten sollen in zukünftigen Überlegungen zur Konzeptualisierung von AKGS einen wichtigen Beitrag leisten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Südafrika
Kooperationspartner Professor Dr. Dan Stein
 
 

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