Die bakterielle Besiedlung von Biowerkstoffen ist eine Hauptursache für Implantat-assoziierte Infektionen. Die Biomaterialforschung ist daher bemüht, Oberflächenbeschichtungen zu entwickeln, die Adhäsion und Wachstum von Bakterien reduzieren ohne die Kompatibilität für Zellen des regenerierenden Gewebes zu verringern. Es war Ziel unseres Kooperations-Projektes, geladene Moleküle, die sich gelöst im physiologischen Milieu als antibakteriell erwiesen haben oder die an der Oberfläche von Zellmembranen protein- und bakterienabweisende Funktionen erfüllen, an Modelloberflächen zu immobilisieren. Wir untersuchten dabei die Hypothese, dass eine Anbindung dieser geladenen funktionellen Gruppen über hoch verzweigte dendrimere Strukturen eine stärkere proteinund bakterienabweisende und antibakterielle Wirkung erzeugen kann als diejenige über monomolekulare Schichten (SAMs). Als dendrimeres Rückgrat verwendeten wir Polyamidoamin-Dendrimere (PAMAM; G5). Damit sollte die Immobilisierung einer größeren Anzahl an positiv, negativ oder zwitterionisch geladenen funktionellen Gruppen durch die verzweigten Moleküle im Vergleich zu SAMs sowie eine effizientere Wechselwirkung dieser Gruppen aufgrund der flexiblen Molekülstruktur möglich sein. Im Projektverlauf wurden SAM- und PAMAM-Beschichtungen mit folgenden funktionellen Gruppen realisiert: −COO−, −SO3−, −NH3+, −NR3+, und −Pyridinium+ (Py). Während für die Beschichtungen mit −COO−, −SO3− und −NH3+ ein hoher Grad an Funktionalisierung erreicht werden konnte, wurde für −NR3+, und −Py ein geringerer Grad als der theoretisch erreichbare festgestellt. Zur Einführung einer zwitterionischen Phosphatidylcholingruppe in die SAM- und PAMAM-Beschichtung wurde keine geeignete Synthesestrategie gefunden. Als Referenzoberflächen dienten hydrophiles SiO2, eine Beschichtung mit kurzkettigem Polyethylenglycol (SAM-PEG) und die hydrophobe Beschichtung mit Alkylketten (SAM−CH3). Die physikochemische Analyse der verschiedenen Beschichtungen umfasste Kontaktwinkelmessungen, Photoelektronenspektroskopie, Summenfrequenzspektroskopie, Ellipsometrie, Rasterkraftmikroskopie und Zetapotentialbestimmungen. Als wichtige Eigenschaften konnten ein unterschiedliches Benetzungsverhalten aufgrund unterschiedlicher Anteile an polaren und dispersen Wechselwirkungsparametern sowie eine unterschiedliche Generierung von Oberflächenladungen für die verschiedenen Modifizierungen herausgearbeitet werden. Zudem konnten wir die höhere Flexibilität der verzweigten Dendrimerstrukturen verglichen mit Monoschichten eindeutig nachweisen. Mittels verschiedener in vitro- und in situ-Analytikmethoden wurde die Adsorption von Proteinen aus den komplexen physiologischen Flüssigkeiten Speichel oder Serum bestimmt. SAM- und PAMAM-Modifikationen zeigten keine signifikanten Unterschiede in der Proteinadsorption, während mit Hilfe der Quarzmikrowaage für –NH3+ und –COO− jeweils eine geringere Adsorption von Speichelproteinen an Dendrimeroberflächen gefunden wurde. Die initiale Adhäsion des oralen Mikroorganismus Streptococcus gordonii DL1 war in dynamischen Tests im Unterschied zu statischen auf PAMAM–NH3+ und –COO− geringer als auf entsprechenden SAM-Oberflächen. PAMAM-Py wirkte auf adhärente Bakterien toxisch, wobei diese Wirkung jedoch für die meisten Keime (S. aureus, A. naeslundii AN19 und T14VJ) nach Proteinkonditionierung wieder abnahm. Auf die Adhäsion von humanen Gewebszellen (MG-63 Osteoblasten) wirkten sich die kationischen SAM- und PAMAM-Oberflächen nicht negativ aus und es konnte keine zytotoxische Wirkung dieser Beschichtungen gefunden werden. Die erzeugten Dendrimer-Beschichtungen haben sich sowohl aus physikochemischer Sicht als auch hinsichtlich ihrer biologischen Wirkung als äußerst komplex erwiesen. Wir konnten Anhaltspunkte gewinnen, wie sich die Struktur dieser Moleküle nach Anbindung an Oberflächen in Abhängigkeit von experimentellen Bedingungen verändern kann. Für ein tieferes Verständnis der Wechselwirkungen mit biologischen Systemen sollen weitere, zum Teil einfachere Systeme, etwa Lösungen singulärer Proteine, untersucht werden. Aufgrund der großen Schnittmenge an sich ergänzenden Expertisen der am Projekt beteiligten Kooperationspartner wird eine Fortführung der gemeinsamen Projektarbeit angestrebt.