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Vergangene Zukunftsbilder? – Leben und Nachleben dersozialistischen „Stadt der Zukunft“ in Zentralasien und im Südkaukasus.

Antragsteller Dr. David Leupold
Fachliche Zuordnung Asienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 462569707
 
Das Projekt erforscht das Leben und Nachleben der sozialistischen„Stadt der Zukunft“ (gorod budušego) anhand von zwei „städtischenLaboratorien“ welche am südlichsten Rand der ehemaligenSowjetunion gelegen sind: die kirgisische Hauptstadt Bischkek inZentralasien und die armenische Hauptstadt Jerewan imSüdkaukasus. Im Gegensatz zu Städten wie Moskau, Kiew,Samarkand oder Tiflis, an denen die neue Sowjetstadt „auf denRuinen der früheren Welt“ (Bronotvitskaja, Pal’min et. Malinin: Alma-Ata: Architektura Sovetskogo Modernizma, 1955-1991: Spravočnik-Putevoditel’ 2018) errichtet worden war, waren Bischkek und Jerewanin der vorsowjetischen Periode weitestgehend prä-urban geprägt.Folglich boten sie sowjetischen Stadtplanern, Architekten undIngenieuren einzigartige Experimentierplätze, an denen sie ihreVorstellungen der „Stadt der Zukunft“ umsetzen konnten: ob alsGartenstadt, als Ort harmonischer Interaktion zwischen Architekturund Natur, oder kommunistischen Kosmopolis – der städtische Raumwurde als wichtigstes Laboratorium des gesellschaftlichen Wandelsverstanden. Auf diese Weise wollten sowjetische Stadtplaner ihreZukunftsvision direkt und unwiderruflich im materiellen Gefüge derStadt verankern und die abstrakte Idee des Sozialismus in einephysische Realität übersetzen welche alltäglich erlebt werden konnte.Zeitlich verortet im post-sowjetischen Momentum der Gegenwart,nähert sich das Projekt der „Stadt der Zukunft“ erinnerungswissenschaftlichsowohl als materialisierte Realität alsauch als immaterielle Utopie an. Der postsowjetische Stadtraum wirdhierbei als eine umkämpfte Erinnerungslandschaft verstanden, in dersich die Zukunftslandschaften der sozialistischen Vergangenheit unddie Vergangenheitslandschaften präfigurierter ethnonationalerFuturitäten als antagonistische Sinnkarten gegenüberstehen.Materiellen Relikte der sozialistischen Stadt werden hierbei von denErinnerungsregimen der neuen Nationalstaaten angefochten,vereinnahmt, semiotisch umgedeutet oder physisch zerstört. ImMittelpunkt der Arbeit steht daher nicht nur historisch zu erforschen,wie konkurrierende Visionen der zukünftigen Stadt in den urbanenLandschaften beider Städte verankert wurden, sondern auch, wiediese als „Zukunftsbilder der Vergangenheit“ auch heute nochalternative Vorstellungen für die Stadtentwicklung mobilisierenkönnen. Neben der Rekonstruktion des spätsowjetischen Diskursesanhand von Primärquellen aus Armenien, Kirgisistan und derrussischen Föderation sieht das Projekt daher die Durchführung vonmethodisch an Fritz Schütze und Gabrielle Rosenthal angelehntenbiographisch-narrativen Interviews vor. Anhand der subjektivenDeutungsmuster von Architekt/innen, Städteplaner/innen,Bauingenieure/innen sowie zivilgesellschaftlichen Aktivist/innen sollhierbei ein vielschichtiges Abbild „vergangener Zukunftsbilder“ undihrem Mobilisierungspotenzial in generationsübergreifenderPerspektive gezeichnet werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e) Dr. Heike Liebau
 
 

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