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Pandemic Space: Quarantäne und Responsibilisierung in Zeiten von Corona
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr. Marian Burchardt, seit 11/2024; Dr. Nina Mackert; Professorin Dr. Maren Möhring
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Empirische Sozialforschung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458548712
Wie die COVID-19 Krise eindrücklich zeigt, sind Pandemien grundsätzlich räumliche Phänomene, die eine Neuordnung der Interaktion zwischen Menschen und Krankheitserregern erfordern. In der aktuellen Pandemiebekämpfung spielen Quarantänemaßnahmen eine herausragende, in ihrer Tragweite historisch neue Rolle, da sie nicht nur auf bestimmte Gruppen (infizierte oder gefährdete Körper), sondern ganze Bevölkerungen abzielen. Quarantäne meint weit mehr als nur erzwungene Immobilität. Techniken der Selbstisolierung, Mobilitätsbeschränkung und sozialen Distanzierung sowie die Kontrolle ihrer Einhaltung beruhen auf Responsibilisierungsstrategien, die Individuen auffordern, Verantwortung für die eigene Gesundheit und diejenige anderer zu übernehmen. Trotz der Bedeutung des Responsibilisierungskonzepts für die aktuelle gesundheitswissenschaftliche Forschung fehlt es an Analysen, wie Responsibilisierung das Verhalten von Menschen im öffentlichen Raum prägt.Das Projekt untersucht Quarantänestrategien als zentrale Maßnahmen im Kampf gegen Pandemien sowie die Prozesse der Responsibilisierung, die ihre Wirksamkeit sichern sollen. Mit seinem Fokus auf dem Zusammenhang von Quarantäne und Responsibilisierung leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Geschichte und Theorie der Prävention. Auf Grundlage eines interdisziplinären Forschungsansatzes (Geschichte, Soziologie, Sozialanthropologie) und unter Einbeziehung transregionaler und vergleichender Perspektiven werden drei zusammenhängende Analyseachsen verfolgt:(1) Die Zirkulation von Quarantänewissen in globalen Gesundheitsdiskursen(2) Die Geschichte der Quarantäne während der Spanischen Grippe in den USA(3) Die aktuelle Praxis der Quarantäne im Kontext von Corona in Südafrika.Während in (1) die transregionale Geschichte der Zirkulation von Wissensbeständen und globalen Normen der Krankheitsbekämpfung sowie deren (post)koloniale Kontinuitäten rekonstruiert, konzentrieren sich die Fallstudien in (2) und (3) auf Umsetzung und Aushandlung der Quarantäne auf lokaler Ebene. In den Segregationsgesellschaften USA und Südafrika sind Quarantänemaßnahmen durch Rassifizierungen geprägt, die die soziale wie räumliche Ordnung im Gesundheitswesen strukturieren.Wir verstehen pandemic space und seine Herstellung durch Quarantäne als einen Raum, der durch Expert:innenwissen konzipiert, durch öffentliche Gesundheitseinrichtungen reguliert und durch die Bevölkerung angeeignet und gestaltet wird. Unsere zentralen Forschungsfragen lauten: Wie sind pandemic space und Quarantäne in globalen Gesundheitsdiskursen konzipiert worden? Welche sozialen Gruppen sind als verantwortliche Bürger:innen adressiert worden und welche Rolle spiel(t)en dabei rassifizierende Kategorisierungen? Welche wissenschaftlichen und populären Annahmen über Hygiene haben zu verstärkter Responsibilisierung geführt und welche Auswirkungen haben sie auf die räumlichen Praktiken der Bevölkerung?
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Ehemalige Antragstellerin
Dr. Caroline Meier zu Biesen, bis 10/2024