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Phylogenetische Analyse phänotypischer Merkmale und evolutionäre Transformationen innerhalb der Appendicularia (= Larvacea) und deren Konsequenzen für die Rekonstruktion des Grundplans der Chordata
Antragsteller
Dr. Thomas Stach
Fachliche Zuordnung
Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451041039
Chordatiere umfassen drei jeweils monophyletische Tiergruppen: Manteltiere (= Tunicata), Lanzettfischchen (= Cephalochordata) und Wirbeltiere (= Craniota). Mit etwa 2700 Arten zeigen die Tunicata dabei eine ungeheure Vielfalt an Lebensformen und Bauplänen; so sind viele Arten festsitzend ortsunveränderlich, es gibt aber auch frei im Plankton schwebende Arten und solche mit spektakulärem Formwechsel und Polymorphismus. Neuere molekularsystematische und morphologische Phylogenien identifizieren die Appendikularien, die ungefähr 70 Arten umfassen, als Schwestergruppe der übrigen Tunikaten. Das weist den Appendikularien eine Schlüsselposition bei der Erforschung der Evolution der Tunikaten und mittelbar damit auch der Wirbeltiere zu, da bei den Appendikularien ursprüngliche Merkmale erhalten sein können. Moderne morphologische Untersuchungen liegen allerdings fast ausschließlich für eine Art - Oikopleura dioica - vor, so dass die Vielfalt innerhalb dieser phylogenetisch wichtigen Tiergruppe nicht zuverlässig beurteilt werden kann. Von den aus der Tiefsee stammenden Riesenformen der Gattung Bathochordaeus etwa gibt es nicht einmal lichtmikroskopische Untersuchungen. Die neuen phylogenomischen Studien beinhalten lediglich eine Appendikularienart, ältere molekularsystematische Arbeiten auf Basis von 18S rDNA-Sequenzen schlossen maximal drei Arten einer Familie ein.Im vorgeschlagenen Projekt sollen Vertreter von 13 Appendikularienarten aller drei Familien morphologisch detailliert untersucht werden. Ziel ist dabei die Erstellung einer Datenmatrix auf Grundlage digitaler Anatomien und immunhistochemischer Erhebungen mittels konfokaler Laserscanningmikroskopie. Wo möglich werden diese Untersuchungen durch transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen ergänzt. Auf diese Weise sollen:(1) Die morphologische Disparität dieses Schlüsseltaxons nach modernen Standards systematisch erfasst und dokumentiert werden.(2) Homologiehypothesen einer maximalen Anzahl von Merkmalen formuliert werden.(3) Zum ersten Mal eine konsequent phylogenetische Hypothese auf Grundlagen morphologischer Merkmale für dieses Schlüsseltaxon begründet werden.(4) Funktionelle Hypothesen für die Organsysteme auf Grundlage der morphologischen Befunde vorgelegt werden.(5) Die evolutionären Veränderungen sämtlicher Organsysteme transparent nachvollziehbar erklärt werden.(6) Eine Grundplanrekonstruktion für den letzten gemeinsamen Vorfahren der Appendicularia erfolgen.(7) Implikationen für Evolutionsszenarien der übergeordneten Taxa Tunicata, Olfactores (= Tunicata + Vertebrata) oder Chordata erörtert werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen