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Freiwillige Rückkehr in Repatriierungs- und Remigrationsprozessen von Arbeitsmigrant:innen, 1960-2000

Antragsteller Dr. Florian Wagner
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 413222647
 
Das historische Teilprojekt untersucht Freiwilligkeit bei Remigrationsprozessen und Rückkehrentscheidungen von Arbeitsmigrant:innen in Westeuropa zwischen 1960 und 2000. Dabei steht die freiwillige Rückkehr von Gastarbeiter:innen aus Westdeutschland seit der Bergbaukrise von 1958 im Mittelpunkt. Schon das Konzept der „Gast“-Arbeiter:innen implizierte deren Rückkehr, wobei westeuropäische Gesellschaften auf die Freiwilligkeit der Remigration drängten, um ihr liberales Selbstbild aufrecht zu erhalten. Sie vertraten gleichzeitig eine ethnonationalistische Weltsicht, die Migration als unnatürlich und eine freiwillige Rückkehr als Norm und Selbstverständlichkeit darstellte. Inwieweit Arbeitsmigrant:innen dieses Freiwilligkeitsdispositiv subjektivierten und in dessen Sinne freiwillig zurückkehrten oder ob sie eigenständige Freiwilligkeitsentscheidungen unter autonomen migrantischen Bedingungen trafen, ist die zentrale Frage dieses Teilprojekts. Ziel ist es dabei herauszufinden, ob liberale Gesellschaften die freiwillige Rückkehr von Arbeitsmigrat:innen gouvernemental erwirken konnten, oder ob deren Rückkehrentscheidungen unabhängig von normsetzenden Freiwilligkeitssuggestionen der Aufnahmeländer getroffen werden konnten. Um die Bedingungen von Freiwilligkeitshandeln in Remigrationsprozessen differenziert zu untersuchen, kombiniert das Teilprojekt postkoloniale und gouvernementalitätsgeschichtliche Ansätze. Erstens ermöglicht ein Perspektivwechsel auf migrantische Agency die Frage nach einer eigenständigen migrantischen Freiwilligkeit, deren Bedingungsfaktoren unabhängig von gouvernementalen Freiwilligkeitssuggestionen der Aufnahmegesellschaften waren. Zweitens wird gefragt, inwiefern eine Remigration als freiwillig bezeichnet werden konnte, wenn sie durch implizite Diskriminierungsstrukturen in den Aufnahmegesellschaften aber nicht durch explizite Ausübung von Zwang bedingt wurde. Drittens soll der Gegensatz zwischen Autonomie und Determination in der gouvernementalitätsgeschichtlichen Frage aufgelöst werden, inwiefern ein normativ-ethisches Freiwilligkeitskonzept entstand, das gouvernemental oder gar konsensuell wirken konnte, wie die freiwillige Rückkehr zu Entwicklungszwecken. In jeder dieser drei Fragekomplexe werden vier Bedingungsfaktoren von Remigrationsentscheidungen auf Freiwilligkeit hin untersucht, nämlich die Rolle der „Zweiten Generation“, Geschlechterverhältnisse, religiöse Normen sowie Alters- und Gesundheitsideale. Indem es postkoloniale, gouvernementale und normativ-ethische Dimensionen von Freiwilligkeit untersucht, übernimmt das Teilprojekt die Fragestellungen des Gemeinschaftsprojekts und differenziert sie im Hinblick auf spezifisch migrantische Freiwilligkeitspraktiken und -konzepte in globalen Remigrationsprozessen. Als Hauptergebnis sind zwei Aufsätze und eine Monografie vorgesehen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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