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Freiwilligkeit, Dekolonisation, Geschlecht: Frauenbewegung und Citizenship im (post-)kolonialen Ghana

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 413222647
 
Das Teilprojekt erforscht politischen Aktivismus von Frauen in Zeiten der Dekolonisation. Es geht den vielschichtigen freiwilligen Dimensionen dieses Engagements nach und ergründet so ein oft übersehenes politisches Prinzip (post-)kolonialen Regierens. Untersucht wird, wie und in welchen Formen freiwilliges Handeln die politische und soziale Ordnung in der Übergangszeit zwischen spätkolonialer Indirect Rule und Postkolonie mit konstituierte und wie sich dieses Handeln mit sich verändernden Vorstellungen von Citizenship und Geschlecht verknüpfte. Am Beispiel der britischen Goldküste/Ghanas analysiert das Teilprojekt freiwilliges Handeln in seinen changierenden Bedingungsgefügen und fragt nach der sich wandelnden Bedeutung dieses Handelns als Ressource und als Norm. Dabei interessieren handlungsethische Dimensionen als historisches Phänomen: gefragt wird, ob und inwieweit die diskursive Markierung als freiwillig das jeweilige Handeln zugleich auch als gut und richtig auswies. Das Teilprojekt untersucht, wie Anrufungen zu freiwilligem Tun und Mittun in spezifischer Weise Frauen und Mädchen adressierten und wie ihr Handeln als freiwillig ausgewiesen und gerahmt werden sollte. Im Zentrum stehen politische Aktivist:innen, ihre Forderungen nach politischer Teilhabe sowie die dazugehörigen Positionierungen in Bezug auf jene bürgerlichen, politischen und sozialen Rechte, die sowohl in der Transitionsphase als auch nach der Unabhängigkeit strittig waren. Empirisch untersucht werden ausgewählte Kampagnen zwischen 1948 und 1966, getragen von unterschiedlichen Aktivist:innen. Neben Wahlkampagnen und großen Konferenzen wie der Conference of Women of Africa und African Descent (1960), interessieren die Aktivitäten im Rahmen von Social Welfare and Community Development. Diese verschränkten sich mit den umfassenden Versuchen, die politische und soziale Ordnung der Postkolonie auf dem Weg in eine künftige Afrikanische Moderne auszugestalten – und das, so die leitende These, durch freiwilliges Tun und Mittun. Das geplante TP schreibt sich in lokale ebenso wie in transregionale und globale Zusammenhänge ein: Diese reichen von den weiter bestehenden Beziehungen zum kolonialen „Mutterland“ Großbritannien über die sich verschiebenden Allianzen des Kalten Krieges und die wechselvollen Bündniskonstellationen der sich neu konstituierenden Internationalen Organisationen bis hin zu den Verknüpfungen in die Schwarze US-amerikanische Diaspora sowie in panafrikanische Netzwerke. Freiwilligkeit auf diese Weise als Handlungsmodus sozialer und politischer Praxis zu fokussieren, verändert den Blick auf die Geschichte des (post-)kolonialen Ghana und das auch im Sinne einer postkolonial informierten Zeitgeschichte. In Bezug auf die Forschungsgruppe wird das Teilprojekt zu einem global differenzierteren Verständnis von Freiwilligkeit beitragen, indem es dessen Bedeutung weit über liberale, westliche Gesellschaften hinaus auslotet.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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