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Konsumrevolution und Wandel des Konsums von Haushalten im Spiegel von Nachlassverzeichnissen vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert in Nordwestdeutschland

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 436508425
 
Die kontrovers diskutierte These einer frühmodernen Konsumrevolution beschreibt einen Wandel der materiellen Kultur, in dem die Bedarfsdeckung vormoderner Haushalte zunehmend über den Kauf von Marktgütern auf Kosten von haushaltsbasierter Subsistenzproduktion erfolgte. Demnach fanden sich in Haushalten zum einen immer größere Mengen differenzierter Manufakturgüter, zum anderen global gehandelte Kolonialwaren, wie Kaffee, Tee, Zucker, Porzellan, Baumwolle, etc. Diese Entwicklung berührte nicht nur urbane Eliten, die sich einer an adeliger Prachtentfaltung orientierten Lebensführung verpflichtet sahen, sondern zunehmend auch – so die These – das kleinstädtische Bürgertum und ländliche Haushalte. In allen gesellschaftlichen Schichten breiteten sich populuxe goods aus – kleinere, relativ billige Dinge wie bunte Bänder oder bedruckte Taschentücher, die sich viele Menschen leisten konnten, und die dadurch signifikante Marker für die weitere Entwicklung der materiellen Kultur setzten. Zeitlich werden die Anfänge dieser Veränderung im 17. und 18. Jahrhundert verortet, geographisch wurden sie bisher vornehmlich für die nordatlantischen Anrainergebiete, vor allem England und die Niederlande, diskutiert. Die Untersuchung von Veränderungen der materiellen Kultur vormoderner Haushalte unter dem Blickwinkel der These einer Konsumrevolution berührt zwei historiografische Diskurse: Einerseits die Debatte um die Voraussetzungen der Industriellen Revolution und der ‚Great Divergence‘; andererseits die Analyse der Wirtschafts- und Konsumstrategien vormoderner Haushalte im Zusammenhang mit Marktbildung.Das beantragte Projekt untersucht anhand des Wandels der materiellen Kultur ländlicher Haushalte für den Zeitraum von etwa 1550 bis 1808, wie weit die These einer vormodernen Konsumrevolution für das nordwestdeutsche Binnenland Gültigkeit beanspruchen kann. Damit geht es deutlich über bisherige Studien zu Deutschland hinaus, die mit einer weitgehenden Konzentration auf städtische Räume nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung in den Blick genommen haben. Die These der Konsumrevolution kann unter wirtschafts-, sozial- und kulturhistorischen Perspektiven untersucht werden. Das Projekt strebt in erster Linie eine an wirtschaftshistorischen Themen orientierte quantitative Sozialgeschichte an, die signifikante Elemente einer sich wandelnden materiellen Kultur in den Blick nimmt und diese auf konsistente Bezüge einer möglichen Konsumrevolution hin untersucht. Darüber hinaus wird ein Beitrag zum Wandel von Konsumkultur geleistet, indem Praktiken von Bedarfsdeckung und Konsum differenziert nach sozialen Kontexten und Lebensläufen anhand ausgewählter Fallbeispiele in den Blick genommen werden. Die sozialen Praktiken werden so zeitgenössischen normativen Aussagen, wie sie in etwa Aufwandsbeschränkungen nachzuvollziehen sind, gegenübergestellt und können als praktischer Sinn der Aneignung materieller Kultur verstanden werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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