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Skulpturmaschinen. Wettstreit der Reproduktionstechniken 1770–1870
Antragstellerin
Dr. Buket Altinoba
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 436256896
Mit der in England zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch James Watt erfundenen und auf der Londoner Weltausstellung 1851 von Bildhauern vorgeführten Skulpturmaschine wird die Position des Künstlers als Erschaffer von Bildwerken herausgefordert. Die mit der Industrialisierung einsetzenden strukturellen Veränderungen geben Anlass zu der Überlegung, inwieweit Automatismus (im Sinne technischer Selbsttätigkeit) und maschinelle Reproduktion die gesellschaftliche Realität und die Künste prägten. Eine solche Überlegung schließt den Ingenieur als künstlerischen Praktiker und die Kunstmaschine als Akteur mit ein. Es ist das Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens, in einer komparativen Betrachtung der unterschiedlichen maschinellen Reproduktionsverfahren zwischen 1770 bis 1870, die Rolle der Technologie bei der Schaffung von Kunst zu untersuchen. Es gilt, den durch die Maschine und verschiedenen Akteure bestimmten produktiven Ansatz auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kunst herauszuarbeiten. Überlegungen zum Kunstwerk als Artefakt, insbesondere unter dem Aspekt des Gemachten sowie dessen (Un-)Veränderbarkeit und Unikalität, stellen sich als elementare Frage neu und provozieren im Kontext des Automatismus. Die seit Walter Benjamin (BENJAMIN [1939] 1991) geschriebene Verlustgeschichte wird umgekehrt zugunsten einer Geschichte der Reproduktion als Gewinn für die Künste: Skulpturen, Profile und Büsten en miniature in unterschiedlichen Materialien werden als Produkte von technischem Einfallsreichtum gewertet und in ihrer Funktion der Kanonbildung – in Ergänzung zur bisherigen Betrachtung der Auswirkungen der Replikation und Reproduzierbarkeit von zweidimensionalen Bildern in der Kunstgeschichte – gedeutet. In ihrer technisch-innovativen Funktion können Repliken als Präfigurationen einer besseren Zukunft gedeutet werden, verpflichten ihre Produzenten und BetrachterInnen aber gleichzeitig zur Zeugenschaft der eigenen Ver¬gangenheit und – im Falle der Antikenrezeption – dem in ihr gefügig gemachten Ideal. Der fast schon ikonische Charakter mechanischer Apparaturen und Geräte kann zum Anknüpfungspunkt mindestens eines Vergleiches, wenn nicht eines Wettbewerbs neuer Reproduktionstechniken untereinander – die modern und zukunftsweisend sein wollten – gereichen. Die zur Untersuchung angestrebten Bereiche sind damit auf verschiedenen Theorie-Ebenen anzugehen, wie etwa der ontologischen im Sinne der Frage nach dem Mensch und der Maschine aber auch der soziologischen, indem die Beziehung von Gesellschaft, Technik und Kunst zueinander beleuchtet wird. Dieser Zusammenstellung des Mediengebrauchs im Zeitraum vom späten 18. Jahrhundert bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein versucht das vorliegende Projekt, vor allem in Bezug auf die Themenaspekte der Maschinenkonstruktion, Materialästhetik, Sprache und des Netzwerks Rechnung zu tragen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen