Detailseite
Projekt Druckansicht

Des Königs neue Steuer. Praktiken preußischer Herrschaftsorganisation am Beispiel der westfälischen Akzisestädte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (ca. 1700-1756)

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 434361975
 
Steuern waren der „nervus rerum“ frühneuzeitlicher Staatlichkeit. Gewerbliche, verwaltungsmäßige und steuerliche Tätigkeit gingen idealerweise Hand in Hand. Diesen Zusammenhang betonten bereits die frühneuzeitlichen Rechtsgelehrten, wenn sie sich im Sinne des „Kameralismus“ oder der „Guten Policey“ äußerten.Auch die ältere Forschung zog eine Verbindungslinie zwischen den kameralistischen Ideen und dem Ausbau vormoderner Staatlichkeit: Gerade der „Steuerstaat“ etablierte Formen der Kommunikation mit zahlreichen Instanzen und mit den besteuerten Personenkreisen. Während die älteren Studien jedoch die steuerbasierte Entstehung vormoderner Territorialstaaten als einen geradlinig verlaufenden Prozess beschrieben, heben aktuelle Studien darauf ab, dass Herrschaft und somit auch das Wirken der Verwaltungen in Steuerfragen als sozialer und kommunikativer Prozess gefasst werden muss. An diesem hatten nicht nur die „Herrscher“, sondern auch die „Beherrschten“ Anteil.Doch fehlt es an Detailanalysen, die diese generellen Überlegungen im Blick auf die konkrete Verwaltungstätigkeit jener Zeit und auf das Verhältnis von Verwaltung und Steuerzahler hinterfragen. Hier setzt das beantragte Forschungsprojekt an, indem es die sogenannten „Akzisestädte“ im preußischen Westfalen thematisiert. Diese standen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Blickfeld preußischer Reformbemühungen. Die protoindustrielle, heimgewerblich verdichtete Leinenproduktion in den Grafschaften Ravensberg, Lingen und Tecklenburg sowie im Fürstentum Minden wurde als sprudelnde Steuerquelle entdeckt, die es abzuschöpfen galt. Demzufolge erhob der preußische Staat einige ehemalige Dörfer und Flecken zu Städten, um dort die Akzise als eine Form der indirekten Steuer einzuführen. Das Ziel war die Steigerung staatlicher Einnahmen sowie ein gleichzeitiger Ausbau verwaltungsmäßiger Strukturen. Die „Akzisestädte“ offenbaren sich damit seitens der preußischen Landesherren als ein Versuch, kameralistische Ideen gebündelt umzusetzen; die zu Städten erhobenen Gewerbesiedlungen können als Vorzeigeprojekte frühmoderner Staatlichkeit gelten.Durch die Analyse der Stadt- und Akzisereformen soll ein Beitrag zur westfälischen Landesgeschichte und zur Typologie frühneuzeitlicher Städte geleistet werden. Vorrangig geht es aber in dem beantragten Projekt darum, Erkenntnisse der neueren Herrschafts- und Verwaltungsgeschichte empirisch und vergleichend fruchtbar zu machen. Im Zentrum des Projekts stehen Praktiken und Tätigkeit der preußischen Behörden im Zusammenspiel mit lokalen Akteuren. Am Beispiel der Akzisestädte sollen Kommunikationsprozesse und Strukturen der Herrschaftsausübung dargestellt werden. Dabei sollen ältere Thesen vom absolutistischen Wirken des preußischen Staates kritisch hinterfragt und differenziert betrachtet werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung