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‚Gesellschaft‘ versus ‚Staat‘. Frühanarchistische Gesellschaftskonzepte in Deutschland vor und um 1848

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 432246782
 
Hauptziel des Projekts ist die Analyse frühanarchistischer Konzepte von ‚Gesellschaft‘ in der Zeit 1842 bis 1851 (‚Gesellschaft‘ als ausdrückliches Positivum und dezidierte Alternative zu ‚Staat‘). Diese Konzepte wurden wesentlich durch die Rezeption von Gesellschaftsvorstellungen veranlasst, die Lorenz Stein (später: v. Stein) mit seinem Buch „Der Socialismus und Communismus im heutigen Frankreich“ 1842 in Deutschland bekannt machte. Im Zuge der seit fünf Jahrzehnten im deutschen Sprachraum brachliegenden akademischen Anarchismusforschung sind auch diese Konzepte weitgehend unaufgearbeitet. Der Forschungsschwerpunkt des Projekts liegt auf Zeitschriften und Zeitungen des ‚wahren Sozialismus‘, insbesondere ihrem langjährigen Hauptorgan „Trier’sche Zeitung“ (verboten 1851). Dadurch wird es möglich, ein neues Bild der frühsozialistischen Entwicklungen in Deutschland zu zeichnen, das anarchoide und anarchistische Leitlinien herausarbeitet und die Marxsche (und später marxistische) Legendenbildung nachhaltig konterkariert. Das Projekt belegt, wie ‚wahrsozialistische‘ Entwürfe in ihrer Verschränkung von theoretischer Produktion, avisierter Zielgruppe und tatsächlicher Rezeption mittels populärer Zeitschriften und Zeitungen von der entstehenden Arbeiterbewegung aufgenommen wurden, und es weist nach, wie sie den sozialistischen Diskurs in den deutschen Staaten bis in die Revolution von 1848 hinein dominierten. Im Kern handelte es sich um anarchoide bzw. anarchistische positive Bestimmungen von ‚Gesellschaft‘, die eine ungeteilte Freiheit versprachen: von jeder ökonomischen und jeder staatlich-politischen Herrschaft. Nicht zuletzt die damit verbundene utopische Unschärfe machte ‚wahrsozialistische‘ Entwürfe in der Handwerker- und Arbeiterschaft attraktiv und auch das wird im Projekt herausgearbeitet. Vom Material her liegt der Schwerpunkt des Projekts auf dem Gebiet der Zeitungsforschung – einem Stiefkind historischer Forschung im Feld von Philosophie und Politikwissenschaft. Es wird aussagekräftige Texte und Diskussionsstränge zum Komplex Gesellschaft/ Staat aus unausgewerteten Zeitungen und Zeitschriften für die Forschung neu erschließen und auf ihren anarchoiden und anarchistischen Gehalt hin untersuchen. Einerseits sollen damit der im internationalen Vergleich unterentwickelten deutschsprachigen Anarchismusforschung Impulse gegeben werden. Andererseits wird – in unabdingbarer Perspektiverweiterung auf internationale ‚klassische‘ und ‚nachklassische‘ Konzepte von Gesellschaft – gefragt, welche Rolle die anarchistische Basisalternative Gesellschaft versus Staat im ‚klassischen‘ Anarchismus (Kropotkin, Goldman) und in ‚revisionistischen‘ Neuentwicklungen (Bookchin) bis hin zu aktuellen anarchistischen Debatten spielt (Graeber, van der Walt, Gordon). Das schließt auch Einsichten hinsichtlich der viel diskutierten Frage ein, ob ‚Gesellschaft‘ überhaupt noch als politisch-theoretisch relevantes Konzept anzusehen ist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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