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Die postkoloniale Konstellation. Natürliche Ressourcen Im Völkerrecht der Moderne

Fachliche Zuordnung Öffentliches Recht
Förderung Förderung von 2019 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 432237610
 
Globale Umweltbeeinträchtigungen können im nationalen Alleingang souveräner Staaten nicht mehr bewältigt werden, sondern allein durch die Verlagerung auf die internationale Ebene. Deswegen der internationale Prozess der Verrechtlichung bzw. Konstitutionalisierung. So sagt man gemeinhin, trotz evidenter regulatorischer Probleme etwa im Klimaschutzrecht. Diese Studie zeigt, dass die implizite Legitimations- und Geltungstheorie des internationalen Umweltrechts im Kern falsch ist, und zwar sowohl genealogisch als auch in ihrem Verhältnis zum allgemeinen Völkerrecht. Das internationale Umweltrecht ist keine Selbsttranszendierung des Staatenvölkerrechts, sondern die Ausgestaltung der zentralen weltpolitischen Verschiebung im 20. Jahrhundert: der Auflösung des klassischen Imperialismus. Das internationale Umweltrecht ist demnach als Recht entstanden, das zunächst dazu diente, die handelspolitischen Unsicherheiten der Ablösung der kolonialen Herrschaft zu stabilisieren. Es handelt nicht allein, ja nicht einmal vordringlich von der Sorge des souveränen Flächenstaates für sich und seinesgleichen, sondern ist zuallererst Teil eines Rechtsregimes, das nach der Ablösung der alten kolonialen Herrschaftstitel die durch sie gegebene Ordnung verlängern sollte.Die Verrechtlichung der nicht mehr kolonialen internationalen Ordnung ist durch fundamentale Ambivalenzen geprägt. Die Ursprünge des internationalen Umweltrechts zeigen, wie seine spezifische Normativität gleichzeitig von imperialen Wurzeln und antiimperialistischen Ansprüchen, von emanzipatorischen Versprechen und einer instrumentell-ökonomischen Rationalität geprägt ist. Diese Ambivalenz prägt auch die Basisnarrative des internationalen Umweltrechts wie „Wachstum“ oder „Entwicklung“, die die Zuteilung und Verteilung globaler Guter regulieren sollen. Sie stehen wie das ganze internationale Umweltrecht im Schatten der institutionellen und normativen Trennung von politischer Gleichheit und ökonomischer Ungleichheit. Diese Trennung prägt die Völkerrechtsordnung im Ganzen, vor allem aber das im Zentrum des internationalen Umweltrechts liegende Problem der Verteilung natürlicher Ressourcen. Es ist gerade nicht so, dass das Recht natürlicher Ressourcen als Teil des internationalen Umweltrechts gegenläufig zum internationalen Wirtschaftsrecht (als Recht eines autoritären Liberalismus des Freihandels) Prinzipien des internationalen Gemeinwohls institutionalisiert. Entscheidend ist vielmehr die gegenseitige Internalisierung beider Rechtsschichten, die ihre paradigmatische Ausformung in einer stetig fortschreitenden Kommodifizierung natürlicher Ressourcen findet. Gerade deswegen hat das Recht der natürlichen Ressourcen für die großen Regulierungsparadigmen des Völkerrechts seit der Dekolonisierung eine so zentrale Rolle gespielt. Der desillusionierende Zustand des heutigen internationalen Umwelt- und Wirtschaftsrechts ist das Resultat einer normativen Desillusionierung des postkolonialen Völkerrechts selbst.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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