Project Details
Die cordobenser Texte. Eine Durchsicht der Forschung und der Quellen.
Applicant
Professor Dr. Igor Pochoshajew
Subject Area
Protestant Theology
Term
Funded in 2007
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 43106498
Die Absicht der vorliegenden Habilitationsschrift ist, einen Beitrag zum Verständnis der Verhältnisse in Cordoba Mitte des 9. Jahrhunderts zu leisten. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Exekutionen von Christen durch die islamische Behörde. Diese Ereignisse werden von der neueren Forschung kontrovers betrachtet. Die Forschungskontroverse ist durch eine unbefriedigende Quellenlage sowie die unterschiedlichen normativen Voraussetzungen der Forscher bedingt. Die arabische Tradition geht auf die genannten Exekutionen nicht ein. Aus diesem Grunde wird deren Faktizität von der Forschung bezweifelt. Bei dieser Beurteilung wird die Perspektive der muslimischen Geschichtsschreibung unzureichend beachtet: Nach der islamischen Vorstellung war das Christentum geschichtlich überholt. Die muslimische Eroberung christlicher Gebiete galt unter diesen theoretischen Voraussetzungen als geschichtlich notwendig, und das politische Aufbegehren der Christen passte nicht in den eigenen ideologischen Horizont. Das meiste Material über die Lebensverhältnisse der cordobenser Christen ist in den Schriften zweier christlicher Autoren, des Priesters Eulogius und des Laien Albarus Cordubensis, enthalten. Dabei ist die Darstellung ihrer Texte nicht neutral, der Schwerpunkt liegt auf der Verherrlichung und Verteidigung der Martyrien gegenüber der innerkirchlichen Opposition. Diese Fokussierung sowie der Gebrauch der frühchristlichen Märtyrerliteratur und der byzantinischen Polemik gegen den Islam deuten eine Tendenz an. Dies bedingt die Notwendigkeit, die gartungsspezifische Einordnung der Schriften vorzunehmen sowie die methodische Unterscheidung zwischen der Absicht der Autoren und den geschichtlichen Verhältnissen durchzuführen. Die traditionsgeschichtliche Bedeutung der Märtyrer l iteratur und der byzantinischen antiislamischen Polemik erfordert ferner, nicht nur zwischen der Absicht der Autoren und der der Märtyrer, zu unterscheiden, sondern auch zu bestimmen, was die Autoren mit dem Einsatz der stilistischen Mittel beabsichtigt haben. Die erste These lautet, dass die Texte des Albarus und des Eulogius als ein Produkt ihrer Zeit eine doppelte Spezifik aufweisen. Zum einen bedingt ihre apologetische Funktion die Notwendigkeit, wirklichkeitsgetreue Aussagen über die zeitgenössischen Lebensverhältnisse der Christen in Cordoba zu machen, da bei den allgemein bekannten und nachprüfbaren Sachverhalten keine Ungenauigkeit zulässig war. Zum anderen stehen die Märtyrergeschichten in der Tradition der spätantiken Biographieschreibung und weisen bestimmte Charakteristika dieser literarischen Gattung auf. Unter diesem Aspekt entsprechen sie nicht den historiographischen Kriterien und können daher nicht als Tatsachenberichte gelesen werden. Die zweite These besagt, dass für die Betrachtung der Ereignisse um 850 in Cordoba eine vergleichende Analyse der Entfaltungsdynamik der politischen Stellung und der kulturellen Bedeutung des Islams im Orient und auf der iberischen Halbinsel aufschlussreich ist. In dieser Hinsicht bestehen Parallelen zwischen dem Orient und Spanien, und die Vorgänge im Orient können zum besseren Verständnis der Verhältnisse auf der iberischen Halbinsel unter Berücksichtigung der politischen, sozialen und demographischen Unterschiede der beiden Gebiete herangezogen werden. Die Arbeit ist folgendermaßen gegliedert: Zuerst wird die Forschung behandelt und die Richtlinien der eigenen Methode werden in kritischer Auseinandersetzung mit den anderen Untersuchungen entworfen. Im zweiten Schritt werden die Lebensläufe von Albarus und Eulogius und deren soziales Umfeld betrachtet sowie die stilistische Eigenart ihrer Texte und die intendierten Adressaten untersucht. Im nächsten Abschnitt werden die sozialpolitischen Voraussetzungen der Herausbildung des islamischen Staates auf der iberischen Halbinsel im Vergleich zu den Entwicklungen im Orient erörtert. Anhand der Ergebnisse werden anschließend die Absicht und die Methode der Autoren analysiert. Eine Beschreibung der Lebensverhältnisse der Christen im muslimischen Cordoba des 9. Jahrhunderts wird unter Berücksichtigung der erzielten Einsichten vorgenommen. Im Anhang wird eine Darstellung der cordobenser Märtyrer anhand des Memoriale sanctorum von Eulogius geboten.
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