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Ausbreitung und Technologie der Neandertaler in einer periglazialen Umwelt– STONE
Antragsteller
Dr. Andrea Picin
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429271700
Das STONE-Projekt untersucht die technologischen Beziehungen zwischen archäologischen Schüsselfundstellen in Polen, der Ukraine und in Ostrumänien um die Ausbreitung des Neandertalers in periglaziale Areale im späten Mittelpaläolithikum zu verstehen. Jüngste genetische Untersuchungen weisen auf eine Populationsverschiebung vor 90.000 Jahren von Westeuropa in den Altai, was eine grössere Mobilität von Neandertalern als bisher angenommen, nahelegt. Aus dieser Perspektive können während kalter Klimaschwankungen die Täler von Prut und Dniester als Hauptkorridore von Neandertalern aus Mitteleuropa in südöstliche Richtung gedient haben. Diese Hypothese könnte die technologische Stabilität des Raums zwischen Ostfrankreich und dem Kaukasus ab dem MIS 5d erklären und neue Perspektiven auf die Anpassungsfähigkeit von Neandertalern an die Bedingungen der Mammutsteppe mit ihrer geringen Biomasse bewirken.Das STONE-Projekt wendet folgende Methoden zur Untersuchung von Steinartefakten an:a) Genaue Rekonstruktion der technologischen Strategien in archäologischen Schlüsselfundstellen in Polen, der Ukraine und in Ostrumänien.b) Verstehen der Variabilität von Fundstellentypen des Micoquien und der Levallois-Mousteriens.c) Überprüfung der Chronologie archäologischer Horizonte mit Geräten des Micoquien/Levallois-Mousterien zur Korrelation der Neandertaler-Aufenthalte mit Klimadaten.d) Evaluierung der Beziehung von Klima- und Kulturwandel im eurasischen Mittelpaläolithikum.Bis jetzt wurden die Keilmessergruppen und das osteuropäische Micoquien als zwei unterschiedliche Fazies des europäischen Mittelpaläolithikums aufgefasst. Allerdings wurde bisher nie die technologische Variabilität zwischen den Regionen und die Rolle Polens als Mittler zwischen Mittel- und Osteuropa berücksichtigt: gerade in Polen könnte es zur Fusion von lokalen und fremden technologischen Verhaltensweisen gekommen sein.Die durch das STONE-Projekt erwarteten Ergebnisse tragen zum Verständnis des technologischen Verhaltens und der Besiedlungsdynamik der Micoquien/Levallois-Mousterien-Fazies in Mittel- und Osteuropa bei und können damit die Plastizität des Verhaltens von Neandertalern unter periglazialen Bedingungen aufzeigen. Diese Informationen sind grundlegend zum Verständnis der demographischen Ausbreitung der Neandertaler während des späten Mittelpaläolithikums und fordern die bisherige Sichtweise heraus, nur der Homo sapiens wäre zu einer solchen, grossräumigen Ausbreitung fähig gewesen. Das Projekt öffnet damit neue wissenschaftliche Debatten über die Populationsstrukturen von Neandertalern und füllt die Wissenslücke, die es bisher zu den technologischen Strategien zwischen Karaten und dem Nordkaukass gibt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen