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Nukleare Umweltforensik mit Radiocäsiumisotopen
Antragsteller
Professor Dr. Georg Steinhauser
Fachliche Zuordnung
Analytische Chemie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 419819104
Unter nuklearer Forensik versteht man jene interdisziplinäre wissenschaftliche Fachrichtung, die sich mit der Identifikation der Herkunft, der Bestimmung des Alters oder der Zuordnung zu einem (il)legalen Hintergrund eines radioaktiven/nuklearen Materials befasst. Im vorliegenden Antrag soll dieser Zugang auf Umweltfragestellungen ausgeweitet werden. Ist eine Umweltprobe mit radioaktivem Material (konkret: Radiocäsium) aus mehreren Quellen kontaminiert, galt es bislang als ausgesprochen schwierig, die Quellen der Kontamination zu identifizieren. Dieses Problem wird anhand der radioaktiven Emissionen des Reaktorunfalls von Fukushima verdeutlicht. Im Zuge dieses Unfalls wurden Radionuklide aus drei oder vier Reaktoren in die Umwelt freigesetzt. Eine Umweltprobe aus Japan kann folglich von bis zu vier Quellen kontaminiert worden sein. Radioanalytische Methoden waren - genauso wie massenspektrometrische Methoden nach chemischem Aufschluss – nur in der Lage, die integrale Kontamination der Umweltprobe zu erfassen, wodurch ein etwaiger isotopischer Fingerabdruck der einzelnen Quelle verlorenging. Im vorliegende Antrag wird vorgeschlagen, die radioaktiven Freisetzungen aus Fukushima auf µm-Ebene zu untersuchen. Konkret sollen charakteristische, glasartige, amorphe Mikrosphären, die im Zuge des Unfalls in beträchtlicher Menge emittiert worden waren, untersucht werden. Diese Mikrosphären, so die Hypothese des Antrags, stellen ein mikroskopisches Archiv an Spaltprodukten einer konkreten Quelle (eines geschmolzenen Kernbrennstoffs) dar. Diese Granalien sind weitgehend chemisch inert (wasserunlöslich) und können ihre Inhaltsstoffe über Jahre hinweg einsiegeln.Die isotopische Zusammensetzung der Radiocäsiumfraktion der Mikrosphären soll mittels Laserablations-Tripel-Quadrupol-ICP-Massenspektrometrie (LA-ICP-QQQ) analysiert werden, um sie via ihres charakteristischen 135Cs/137Cs Fingerabdrucks einer Quelle zuordnen zu können. Es wird angenommen, dass die Mikrosphären ausschließlich im Inneren der Reaktoren "beladen" wurden und nur geringe Menge an ubiquitären, interferierenden Barium-Isotopen (135Ba bzw. 137Ba) aufgenommen haben. ICP-QQQ ist in der Lage, mittels geeigneter Reaktionsgase diese Interferenzen instrumentell abzutrennen. 135Cs zählt zu den "schwierigsten" Radionukliden der nuklearen Umweltanalytik und soll nun analytisch "fassbar" gemacht werden. Die Messergebnisse der ICP-QQQ sollen durch einen Methodenvergleich mit instrumenteller Neutronenaktivierungsanalyse validiert werden.Im Projekt soll anhand aktueller Fragestellungen aus Fukushima eine Methodik für (forensische) Umweltfragestellungen in Deutschland entwickelt werden, die für Endlagerforschung bzw. zur Dekommissionierung nuklearer Anlangen (etwa zur Identifikation des Verursachers einer Kontamination) herangezogen werden kann.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen