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Wie “zählt” die Venusfliegenfalle? – Die molekulare & evolutionäre Basis für Frequenz-/Dosisabhängige Entscheidungsfindung in karnivoren Droseraceae
Antragsteller
Professor Dr. Rainer Hedrich
Fachliche Zuordnung
Pflanzenphysiologie
Förderung
Förderung seit 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 415282803
Die Fähigkeit, die Anzahl von Objekten abzuschätzen oder zu "zählen", ist im Tierreich weit verbreitet und beinhaltet Erinnerungsvermögen, die Befolgung von Regeln und das Treffen von Entscheidungen. Obwohl es Pflanzen natürlich an den für Tiere typischen neuronalen Strukturen fehlt, ist die Venusfliegenfalle Dionaea muscipula dennoch in diese tierische Domäne eingedrungen: Wie alle karnivoren Pflanzen ist Dionaea in ihrem nährstoffarmen natürlichen Habitat auf tierische Nährstoffe angewiesen. Wenn ein Insekt auf ihrer Falle landet und die auf der Innenseite liegenden mechanosensitiven Haare berührt, werden elektrische Signale (Aktionspotentiale) ausgelöst, die sich über die Oberfläche der Zellen ausbreiten. Sobald die sich bewegende Beute zwei aufeinanderfolgende Aktionspotentiale auslöst, schließt sich die Falle und hält so das gefangene Opfer fest – und Dionaeas Zyklus der Beuteverarbeitung beginnt. Wir konnten bereits zeigen, dass Dionaea während der verschiedenen Schritte dieses Zyklus´ immer wieder die Anzahl der über die Falle laufenden Aktionspotentiale "zählt" und "abspeichert", um schließlich die Größe und somit den Nährstoffgehalt der in der Falle zappelnden Beute abschätzen zu können. Dionaea wägt also ständig ab, ob es sich lohnt, ihren metabolisch aufwändigen Verdauungszyklus fortzusetzen oder nicht. Auf diese Weise kann die Venusfliegenfalle das Kosten-Nutzen-Verhältnis ihres Beutefangs ausbalancieren. Somit birgt Dionaeas Aktionspotential gequantelte Information. Um herauszufinden, welche molekularen Mechanismen dieser frequenzabhängigen Entscheidungsfindung karnivorer Pflanzen zugrunde liegen, werden wir neben den Komponenten des Aktionspotentials auch die Zelltypen identifizieren, die das elektrische Signal generieren bzw. weiterleiten. Unter Verwendung von Mutanten, die in der Reizweiterleitung zwischen elektrischer Erregung und schnellem Fallenschluss gestört sind, wollen wir die Kernkomponenten von Dionaeas "Kurzzeitgedächtnis" identifizieren. Mit Hilfe vergleichender Genomik an ausgewählten karnivoren Pflanzen wollen wir die zellulären Grundlagen für den Prozess des "Zählens", die hapto-elektrische Signalweiterleitung und die darauf basierende Entscheidungsfindung bestimmen.
DFG-Verfahren
Reinhart Koselleck-Projekte