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Struktur, Funktion und Evolution der neu entdeckten RNase P des PIN-5-Domänentyps
Antragsteller
Professor Dr. Roland K. Hartmann
Fachliche Zuordnung
Stoffwechselphysiologie, Biochemie und Genetik der Mikroorganismen
Förderung
Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 409514568
Die Endonuklease RNase P, ein essenzielles Enzym in allen Organismen, katalysiert die 5'-Prozessierung von tRNA-Vorläufer-Transkripten. Die strukturelle Vielfalt der RNase P-Enzyme ist einmailg. Zum einen gibt es die Ribonukleoprotein (RNP)-Komplexe, die aus einer katalytischen RNA sowie einer variierenden Zahl (1-10) von Proteinen bestehen. Vor etwa 10 Jahren wurde die Gruppe der protein-only (or proteinaceous) RNase P (PRORP) entdeckt, die in Eukaryonten weit verbreitet ist. Bis vor Kurzem ging man davon aus, dass alle bakteriellen RNase P-Enzyme aus einer katalytischen RNA (~400 Nt, Gen rnpB) und einem kleinen, in vivo essenziellen Proteinkofaktor (~14 kDa, Gen rnpA) bestehen. Allerdings blieben bisher alle Versuche erfolglos, die rnpB- und rnpA-Gene in den Genomen einer Gruppe hyperthermophiler Bakterien, den Aquificaceae (Modellorganismus Aquifex aeolicus), zu identifizieren. Wir haben jedoch kürzlich eine neuartige protein-only RNase P in A. aeolicus entdeckt (Abkürzung Aq_880), ein 23 kDa großes Polypeptid. Es ist somit die kleinste bisher gefundene RNase P, die aus einer Metallonuklease-Domäne des Subtyps PIN_5 besteht und keine erkennbare RNA-Bindungsdomäne besitzt; allerdings bildet das Protein Homooligomere. Wir konnten in Komplementationsanalysen zeigen, dass Aq_880 in der Lage ist, das Wachstum von Escherichia coli und Saccharomyces cerevisiae Stämmen wiederherzustellen, deren endogene, RNA-basierte RNase P inaktiviert ist. Homologe der Aquifex RNase P (HARP) sind in vielen Archaea and einigen Bacteria vorhanden: Allerdings kodieren all diese Archaea sowie die meisten dieser Bakterien auch eine klassische RNA-basierte RNase P. Für jeweils ein Archaeon und ein Bakterium habe wir die RNase P-Aktivität beider Formen zeigen können. Es ist wahrscheinlich, das das HARP-Gen aus Archaea über horizontalen Gentransfer in die Aquificaceae gelangt ist. Die Ziele dieses Antrags sind: (i) mittels Mutationsstudien, chemogenetischer Ansätze, RNA-Bindungsstudien, Enzymkinetik und Komplementationsanalyse in einer E. coli RNase P-Mutante die RNA-Substraterkennung und den katalytischen Mechanismus von HARP-Enzymen zu verstehen, (ii) dreidimensionale Strukturanalysen von HARP-Proteinen, mit einem Konzept, das Röntgenstrukturanalyse, NMR-Spektroskopie oder Kryo-Elektronenmikroskopie vorsieht, (iii) Co-immunopräzipitation und pull-down-Ansätze, um massenspektroskopisch bzw. mittels RNA-Seq Proteine und RNAs zu identifizieren, die mit Aq_880 in vivo assoziieren, (iv) genetische und biochemische Analysen von HARPs in ausgewählten archaealen Organismen, um die Funktion von HARPs in Archaea zu verstehen, und (v) Funktionsanalyse RNA-basierter und HARP RNase P aus Bakterien, die beide RNase P-Formen exprimieren; damit soll die faszinierende Frage adressiert werden, ob solche Bakterien einen evolutionären Übergangszustand darstellen, bei dem das HARP "im Begriff" ist, die ursprüngliche RNA-basierte RNase P zu ersetzen ( zu verdrängen).
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen