Portrait Configurations – Studies of Visual Education in Court Portraits, 1500–1800
Final Report Abstract
Mein Vorhaben nahm sich zum Ziel, ausgewählte höfische Kinder- und Familienbildnisse im Kontext von Herrschaft, Familie und Erziehung vor dem Hintergrund der jeweiligen ‚Fürstenspiegelrezeption‘ vergleichend zu diskutieren. Damit sollte eine Brücke zwischen aktuellen Methoden zu visuellen Strategien und materiellen Kulturen des Porträts und einer Kontextualisierung von Prinzen-, Prinzessinnen- und Familienbildern im Bezugsrahmen von Herrschaft, Familie und Erziehung geschlagen werden. Hierbei sollte das Ineinanderwirken von Bildnis und Erziehung als visualisierte Figurationen anhand von ausgewählten Studien der Zeitspanne zwischen 1500 und 1800 erfolgen. Im Zuge dessen waren Recherchen vor Ort nötig, insbesondere um Primärquellen und Originale zu konsultieren. Nachdem ich durch Zuerkennung von Einzelstipendien bereits in den Jahren zwischen 2014 (Stiftung Weimarer Klassik) und 2017 (Herzog Ernst Stipendium, Gotha) zu ausgewählten Kinderbildnissen im Kostüm des Télémaque gearbeitet habe, stand die Aufarbeitung der Rezeption im Habsburgerreich (Madrid, Wien) und in Großbritannien (London) noch aus. Das Forschungsstipendium der DFG ermöglichte es mir die entsprechenden Recherchen vor Ort durchzuführen. Mit Unterstützung von Kate Retford konnte ich in London Recherchen zur Tudorzeit intensivieren. Das Ergebnis ist eine Neubewertung des sogenannen „Whitehall mural“, einem Familienbildnis von Hans Holbein d. J., in Gegenüberstellung mit dem Kinderbildnis des ersten und einzigen Sohnes von Heinrich VIII. Im Zuge dessen ließ sich außerdem herausarbeiten, dass auch die (erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckten) Porträtzeichnungen von Hans Holbein d. J. in den Kontext kultureller Praxis des Porträts einzuordnen sind. Weitere Recherchen gaben Aufschluss über Verbindungen von Erziehungsinstruktion, Emblematik und Kinderbildnissen Anthonis van Dycks zur Zeit von König Jakob I. (alias James I. Stuart). Schließlich war es außerdem möglich über das zeitgleich verlaufende „Georgian Paper Project“ und die Konsultation von Instruktionen u.a. Handschriften der British Library erziehungstheoretische Konzepte in Familienbildnissen der Nachfolgezeit von Georg II. am englischen Hofe nachzuzeichnen. Mit Unterstützung von Friedrich Polleroß konnte ich in Wien noch damit beginnen, einige Erziehungsinstruktionen der Maria-Theresianischen Zeit zu konsultieren. So war es (gerade noch) möglich, in der Österreichischen Nationalbibliothek Johann Georg v. Laubens „Kurzer Entwurf einer Erziehungs=Art vor Prinzen und Prinzessinnen“ (1761, ÖNB: Han 10383) zu konsultieren. Wenige Tage nach meiner Ankunft wurden jedoch die Archive und Bibliotheken aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen, so dass ich auf Sekundärliteratur und Digitalisate angewiesen war. Auf dieser Grundlage konnten Teilkapitel zu Bildniskonfigurationen der späten Habsburger zum Abschluss gebracht werden. Teilkapitel zu frühen und spanischen Habsburger Bildnissen blieben aufgrund der europaweiten staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie (Schließung von Archiven, Bibliotheken, Einschränkungen im Reiseverkehr, durch die Universität ausgesprochene Reiseverbote, Impfpflicht etc.) Fragment. Bildniskonfigurationen ließen sich als höfische Konzepte beschreiben, die mit literarischen Konzepten zur Erziehungsprogrammatik eng verzahnt waren. Einerseits werden Bildnisse (des pädagogischen) 18. Jahrhunderts sowohl als angepasste, entsprechend ‚modernisierte‘ Konfigurationen lesbar. Andererseits werden sie als allegorische Programme zu erkennen gegeben, die frühneuzeitlichen Tradionslinien verhaften bleiben. Es lässt sich anhand der ausgewählten Fallstudien nachweisen, dass Erziehungsprogrammatik durchaus bereits in der Frühen Neuzeit und nicht erst im 18. Jahrhundert in die Praxis des Porträts eingeflossen ist – und dass umgekehrt Porträts als Objekte und Medien höfischer Erziehung dienlich waren.
Publications
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Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, Philippe de Champaigne und der sogenannte ‚jansenistische Kruzifixus‘. Der Jansenismus im deutschsprachigen Raum, 1670–1789 (2023, 5, 23), 157-184. De Gruyter.
Schmitt-Maaß, Silvia
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Kinder- und Familienbildnisse der Welfen. Teil II: Hannover und Herrenhausen. Welfen und Porträt (2023, 5, 14), 87-124. Böhlau Verlag.
Schmitt-Maaß, Silvia
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Spielräume höfischer Affizierung im Pastellporträt bei Rosalba Carriera und Jean-Étienne Liotard. Spielräume des Affektiven (2023), 173-210. Springer Berlin Heidelberg.
Schmitt-Maaß, Silvia
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„Affekt und Gefühl in Bilderreihen der Welfen: Anthonis van Dyck, Anselmus von Hulle und Thomas Gainsborough“, in: Porträts in Serie. Reihung und Vervielfältigung als Mittel von Argumentation in Geschichte, Kunst und Literatur, hrsg. v. S. Freyer, K. Niehr u. S. Schmitt-Maaß, Wolfenbüttel 2022 (Wolfenbütteler Forschungen, Bd. 171), S. 229–253
Schmitt-Maaß, Silvia