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Innovation von Essen, Innovation von Europa? Eine Erkundung von Technologie, Europäisierung und Bürgerbeteiligung in der Nahrungsinitiative EIT Food.

Antragstellerin Mascha Gugganig, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 407011653
 
Dieses Forschungsprojekt untersucht, Visionen europäischer Identität durch Nahrungsinnovation, und wie diese in Zeiten populärer Bürgerbeteiligungsansätze ausverhandelt werden. Essen ist ein zentraler Bestandteil kultureller und nationaler Identität, und vice versa, sei es das belgische Bier oder die französische Küche. Dieser Trend der Standardisierung von Essen als ‚authentisches’, kulturelles Erbe steht im Zusammenhang mit technologischen Veränderungen, die zu unterschiedlichen Verständnissen von Essen führen, wie das Beispiel gentechnisch veränderter Organismen zeigt. PolitikerInnen kritisieren dies oft als ‚fehlendes Vertrauen’ in die Nahrungsmittelindustrie, und/oder Wissenschaft und Technologie. Statistiken wonach z. B. mehr als 50% der EuropäerInnen übergewichtig sind (WHO 2013: 7) spiegeln auch normative Vorstellungen der/-s idealen europäischen Bürger/in wider. ‚Innovation’ wird hierfür oft als Lösung gesehen, während Bürgerbeteiligung diesem ‚Mangel an Vertrauen’ entgegentreten soll. Die kürzlich gestartete Großinitiative der EU, das European Institute of Innovation & Technology of Food, EIT Food, ist ein Paradebeispiel für die Förderung von Innovation und Bürgerengagement. Als KIC – Knowledge and Innovation Community – spiegelt es die in der EU-Förderungslandschaft zunehmende Integration von Industrie, Forschungszentren und Universitäten wider, sowie die Vision einer breiten öffentlichen Akzeptanz, in diesem Fall durch die Einnahme technologisch modifizierten Essens.Das Forschungsprojekt sieht eine dreijährige mobile ethnographische Studie an drei EIT Food Standorten (München, Leuven, London) vor, um zu erforschen, wie Konzepte der Nahrungsinnovation und Expertise zu Nahrung mit Visionen von europäischer Identität, Wissen und Bürgerschaft koproduziert, und in Kommunikations- und Bildungsprogrammen dieses EU-Großprojekts ausverhandelt werden. Im Detail werden die folgenden drei, in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Fragen behandelt: (1) Wie inszeniert EIT Food eine gesunde und nachhaltige Ernährungskultur durch ‚Innovation’, und (re)definiert dadurch Essen als kulturelles und europäisches Gut? (2) Wie wird Expertise und Wissen in Bezug auf Nahrung konzipiert, und wie bringen sich BürgerInnen mit eigenen Erfahrungswerten und Expertisen ein? (3) Welche Vorstellungen von ‚guter EU-Bürgerschaft’ entstehen in diesen Innovationsprozessen durch BürgerInnen als MitgestalterInnen (co-creator)? Das Projekt ist in der Kultur und Sozialanthropologie und Wissenschafts- und Technikforschung angesiedelt, welche sich mit kulturellen Zusammenhängen in sich stetig ändernden Formen von Wissensproduktion und technologischen Wandel auseinandersetzen. Es baut auf einem laufenden, einjährigen, von mir geleiteten EIT Food Projekt zu Bürgerbeteiligung auf. Dies ermöglicht eine angewandte und kritische Analyse von technowissenschaftlichen Progressivismus, Europäisierung durch Nahrungsinnovation, sowie praktischer Ansätze in der Öffentlichkeitsbeteiligung.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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