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Der Drang lateinamerikanischer Gerichte an die Öffentlichkeit: Institutionelle Innovationen zur gesellschaftlichen Partizipation an juristischen Entscheidungsprozessen

Antragstellerin Dr. Mariana Llanos
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 404946327
 
In jüngster Zeit führten die höchsten Gerichte Lateinamerikas eine Reihe institutioneller Innovationen zur Förderung der Teilhabe von Zivilgesellschaft und Interessengruppen am juristischen Entscheidungsprozess ein. Diese Maßnahmen ermöglichen einerseits die aktive Beteiligung Dritter, beispielsweise durch öffentliche Anhörungen, Überwachungskommissionen oder amicus curiae-Verfahren. Andererseits treiben die Gerichte die öffentliche Darstellung ihrer Arbeit über Websites, eigene Radio- und Fernsehkanäle sowie den Einsatz sozialer Medien voran. Das explizite Ziel dabei ist es, das Wissen über die Gerichte zu verbessern, die Debatte über die juristische Arbeit zu fördern und die Aufmerksamkeit gegenüber juristischen Prozessen zu erhöhen. Warum beschäftigen sich lateinamerikanische Gerichte so intensiv mit ihrer öffentlichen Wirkung? Was sind die Beweggründe und Umstände, die zur Einführung von Mechanismen gesellschaftlicher Partizipation führen? Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen auf das Verhältnis der Gerichte zur Öffentlichkeit und den gewählten Staatsgewalten? Diese Mechanismen haben potentiell einen starken Einfluss auf die demokratische Qualität des Handelns und Wirkens von Gerichten und allgemein auf die Rolle von Gerichten in demokratischen Regimen. In diesem politikwissenschaftlichen Projekt wird ein theoretischer und methodologischer Ansatz zur Beantwortung dieser Fragen entwickelt. Unser empirischer Fokus liegt auf den höchsten Gerichten mit Verfassungsgerichtsbarkeit in Lateinamerika, einer Region, deren Gerichte bei diesen Innovationen eine Vorreiterrolle haben. Basierend auf Daten aus 18 Ländern werden wir die erste systematische Bestandsaufnahme von Mechanismen der gesellschaftlichen Partizipation an lateinamerikanischen Gerichten erstellen. Wir werden den Umfang und die Intensität erfassen, mit der die Gerichte diese Maßnahmen in die Praxis umsetzen. Durch Feldforschung in zwei Ländern werden weitere Erklärungsansätze für die Gründe und Auswirkungen der Einführung dieser Partizipationsmechanismen erarbeitet. Wir gehen davon aus, dass verschiedene Charakteristika des soziopolitischen Regimes sowie der einzelnen Richter die Variation des gerichtlichen Engagements für institutionelle Innovationen erklären. Theoretisch baut unserer Projekt auf zwei zentralen Strängen der judicial politics-Literatur auf: dem strategischen und dem ideellen Ansatz. Mit der Verwendung von qualitative comparative analysis (QCA) für die Analyse auf regionaler Ebene sowie process tracing für die Fallstudien verfolgen wir einen multi-methods-Ansatz. Das Projekt soll als Ausgangspunkt für weitere Forschung in Lateinamerika und darüber hinaus dienen. Des Weiteren tragen wir zur Theorieentwicklung bei, indem wir diese neue Komponente vom Handeln und Wirken der Gerichte beleuchten, die bis heute von der vergleichenden Politikwissenschaft weitgehend unbeachtet blieb.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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