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Auf der Suche nach den Mechanismen des Lebens: Interdisziplinäre Kooperationen an der Schnittstelle von Biologie, Chemie und Physik, 1918–1939

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403962374
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt analysierte Forschungsvorhaben, in denen Ressourcen der physikalischen und biologischen Wissenschaften mobilisiert wurden. Dieser Typus disziplinenübergreifender Forschung gewann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Zentren dieser Forschung formierten sich in Institutionen ganz unterschiedlicher Denomination – häufig unter dem Stichwort „physico-chemical biology“, „general physiology“, „biophysics“ oder „biochemistry“. Im Ergebnis zeigt sich, dass die untersuchten Projekte mit Gewinn als mechanistische Forschung beschreiben lassen. Im Zuge dieser Forschung ging es darum, biologische Vorgänge auf die ihnen zugrundeliegenden physikalisch-chemische Prozesse zurückzuführen. Das in der jüngeren Wissenschaftsphilosophie entwickelte Konzept des Mechanismus und die damit verbundenen Thesen zur Forschungspraxis helfen, das Vorgehen der historischen Akteure besser zu verstehen. Das ist nicht erstaunlich, denn das Konzept ist abstrakt formuliert und wurde mit Blick auf die biologische Forschungspraxis entwickelt. Dennoch ist der Befund neu, denn die Anwendbarkeit des Konzepts zur Beschreibung der Forschungspraxis wurde bisher fast ausschließlich innerhalb der Philosophie diskutiert, wo die Forschungshandlungen in der Regel nicht detailliert anhand von historischem Quellenmaterial analysiert wurden. Die Fallanalysen zeigen, dass es durchaus möglich ist, quellengestützt darzustellen, wie historische Akteure ihre Forschung planten und ausführten. Forschungsanträge fanden sich in den Archiven zwar eher selten, wohl aber Projektskizzen in privater Korrespondenz oder Bewerbungen auf Stipendien. Auch in ihren Publikationen und Vorträgen gaben die WissenschaftlerInnen regelmäßig an, wie sie sich den weiteren Verlauf ihrer Forschung vorstellten. Wertvolle Einblicke in die Umsetzung ihrer Pläne gaben neben Laborbüchern etwa auch Materialbestellungen oder Gedichte in laborinternen Witze-Heften. Das Projekt unterstreicht, wie erhellend es ist, nach den inhaltlichen Zielen der ForscherInnen zu fragen sowie ihren methodologischen Vorstellungen davon, was getan werden muss, um diese Ziele normgerecht erreichen zu können. Genauso aufschlussreich ist das Wissen um die lokale Infrastruktur und die bereits erworbenen Fähigkeiten der ForscherInnen. Die Kenntnis dieser Faktoren hilft uns, besser zu verstehen, wie disziplinenübergreifende Forschungsprojekte zustande kamen, umgesetzt und rezipiert wurden. Aus den genannten Faktoren lässt sich außerdem die soziale Struktur der Projekte ableiten: ForscherInnen kooperierten dann mit VertreterInnen anderer Disziplinen, wenn sie glaubten, auf deren Fähigkeiten und Ressourcen angewiesen zu sein, um ihre eigenen Ziele normgerecht erreichen zu können. Kooperierende Parteien verfolgten also nicht unbedingt die selben, sondern miteinander verschränkte Ziele. Um diese Ziele erreichen zu können, musste die Forschung an der biologischen Makroebene und der physico-chemischen Mikroebene gleichzeitig ansetzen. Damit wird schließlich auch klarer, warum in den 1920er und 1930er Jahren ganz generell der Ruf nach disziplinenübergreifendem Arbeiten aufkam.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019): Physicochemical Biology and Knowledge Transfer: The Study of the Mechanism of Photosynthesis between the Two World Wars, in: Journal of the History of Biology, S. 1–29. 2019
    Nickelsen, Kärin
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10739-019-9559-x)
  • (2019): Understanding Past Research Practice: A Case for iHPS, in: E. Herring, K. Jones, K. S. Kiprijanov und L. M. Sellers, Hg., The Past, Present, and Future of Integrated History and Philosophy of Science, Routledge, Abingdon, New York, S. 38–60
    Schürch, Caterina
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4324/9781351214827-4)
  • (2020): Die Dynamik disziplinenübergreifender Forschungsfelder, in: M. Jungert, A. Frewer und E. Mayr, Hg., Wissenschaftsreflexion. Interdisziplinäre Perspektiven zwischen Philosophie und Praxis, Münster 2020, S. 163–197
    Nickelsen, Kärin/Schürch, Caterina
    (Siehe online unter https://doi.org/10.30965/9783957437372_008)
  • (2022), Cooperative Division of Cognitive Labour: The Social Epistemology of Photosynthesis Research, in: Journal for General Philosophy of Science 53 (2022), S. 23–40
    Nickelsen, Kärin
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10838-020-09543-1)
  • (2022), Glückliche Fügung: Experiments’ potential to integrate disciplines, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte/History of Science and Humanities 45 (2022)
    Schürch, Caterina
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/bewi.202200015)
 
 

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