Im Rahmen des Forschungsprojekts konnte durch Zerspanungsversuche und die Analyse der Ergebnisse ein grundlegender Erkenntnisgewinn für die Veränderung und die Modellierung von Eigenspannungen während des Umfangsfräsprozesses von Ti 6Al 4V erarbeitet werden. Zunächst wurde im Rahmen von Prozessuntersuchungen ein umfangreiches Verständnis über die Wirkzusammenhänge von Prozessstellgrößen, Störgrößen und Randschichteigenschaften bei der Fräsbearbeitung von Ti 6Al 4V aufgebaut. Die Experimente ergaben, dass es durch den Umfangsfräsprozess zu keiner signifikanten Veränderung des Mikrogefüges und der Härte der Randschichtzone kommt. Der Eigenspannungszustand wird durch die Variation der Prozessstellgrößen und des Schneidkantenradius verändert. Zudem wurde der Kraft- und Wärmeeintrag bei der Umfangsfräsbearbeitung von Ti 6Al 4V untersucht. Im Hinblick auf eine Regelung der Prozessstellgrößen wurde ein sensorischer Werkzeughalter zur Ermittlung der Temperatur und der Zerspankräfte am rotierenden Werkzeug eingesetzt. Daraus resultierte, dass thermische Effekte bei der Veränderung von Eigenspannungen eine untergeordnete Rolle spielen und mechanische Effekte dominant sind. Jedoch können die Prozesskräfte nicht direkt zur Bestimmung der resultierenden Eigenspannungen herangezogen werden, da sich diese nicht direkt auf den oberflächenerzeugenden Bereich beziehen. Diese Erkenntnisse wurden für die Modellbildung zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen den Prozessgrößen und den Eigenspannungen im Bauteil verwendet. Ergänzend wurde mit einer vollnumerischen Spanbildungssimulation der gesamte Spanentstehungsprozess abgebildet. Mithilfe der FE-Simulation war die Bestimmung der durch den Umfangsfräsprozess induzierten Eigenspannungen in guter Näherung möglich. Für die echtzeitfähige Vorhersage der induzierten Eigenspannungen wurde ein semi-analytisches Modell vorgeschlagen, wobei rechenintensive Teilschritte aus ähnlichen früheren Ansätzen mit effizienteren Methoden ersetzt wurden. Über eine prozessunabhängige Betrachtung des plastischen Teilschrittes dieses Modells konnte die geeignetste Methode für eine ganze Klasse von thermomechanischen Problemen für den betrachteten Satz an Konstitutivannahmen bestimmt werden. Die entwickelte Software ist somit über den betrachteten Fräsprozess hinaus direkt auf andere Fertigungsprozesse übertragbar, sofern diesen eine vergleichbare mechanische Modellbildung zugrunde gelegt werden kann.