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Kirchliche Amtshandlungen und bürokratisches Ordnen. Verzeichnungspraktiken in Kirchenbüchern aus süddeutschen Gemeinden im 16. und frühen 17. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391217818
 
Die Entstehung von Verwaltungstechniken zur Erfassung von Personendaten wird meist in einen Zusammenhang mit der Bildung von Nationalstaaten und der Bevölkerungspolitik im späten 18. und 19. Jahrhundert gebracht. Dabei wird übersehen, dass bereits in den Jahrhunderten zuvor Personendaten von Untertanen systematisch erfasst und verzeichnet wurden. Vertreter der Kirchen führten ab dem 16. Jahrhundert Buch über zentrale Amtshandlungen: Taufe, Eheschließung und Bestattung. Damit verzeichneten sie auf dauerhafte Weise die fundamentalen Lebensdaten von Menschen in ihren Gemeinden. Obwohl Kirchenbücher in erster Linie kirchliche Amtshandlungen verzeichnen sollten, bildeten sie zugleich über fast drei Jahrhunderte hinweg die einzigen rechtlich anerkannten Verzeichnisse der Mitglieder christlicher Kirchengemeinden. Deshalb lassen sich Kirchenbücher auch als Vorläufer moderner und staatlich geführter Personenstandsverzeichnisse verstehen, sie folgen freilich kirchlich-konfessionellen Eigenlogiken. Im Rahmen des beantragten Projekts sollen die frühen Formen des Erfassens und Verzeichnens von kirchlichen Amtshandlungen als administrative Praxis analysiert werden.Im Kontext der Reformation und der Herausbildung von Konfessionen wurde im 16. Jahrhundert das Führen von Kirchenbüchern von zahlreichen Obrigkeiten angeordnet und vom kirchlichen Personal vor Ort umgesetzt. In Kirchenbüchern sollten unter Angabe eines Datums alle Personen namentlich registriert werden, an denen die kirchlichen Akte Taufe, Eheschließung und Bestattung vollzogen wurden. Losgelöst von den liturgisch-performativen Zeichenhandlungen der Spendung des jeweiligen Sakraments bzw. der kirchlichen Amtshandlung wurde damit eine Praxis des Verzeichnens entwickelt, die Personen unabhängig von ihrem Stand oder ihrem Geschlecht dokumentierte. Dadurch wurde die lokale Bevölkerung, mit Ausnahme von Juden, bis heute identifizierbar gemacht. Dem Projekt liegen zwei Fragestellungen zugrunde: Zum einen zielt es auf die Praxis des Verzeichnens von kirchlichen Handlungen, wodurch personenbezogene Daten schriftlich erfasst wur-den. Zum anderen fragt es nach den Zuordnungen, Kategorien und Differenzierungen, die als relevant erachtet wurden, um diese Daten zu organisieren. Damit soll herausarbeiten werden, wie am Beginn der Neuzeit elementares Wissen über die erfassten Personen und die Gemeinden durch schriftliches Verzeichnen hergestellt, dauerhaft fixiert und wiederabrufbar gemacht wurde.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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