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Exploring cognitive-motivational determinants of health (inequities) in the context of the European Environmental Noise Directive

Applicant Dr. Natalie Riedel
Subject Area City Planning, Spatial Planning, Transportation and Infrastructure Planning, Landscape Planning
Term from 2017 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 387821120
 
Final Report Year 2022

Final Report Abstract

Als chronische Gesundheitsbelastung kann Verkehrslärm durch eine sozial(räumlich) ungleiche Verteilung bei gleichzeitig fehlenden Handlungsmöglichkeiten betroffener Bevölkerungsgruppen zu gesundheitlichen Ungleichheiten führen. Die europäische Umgebungslärmrichtlinie beschreibt mit der Lärmaktionsplanung das zentrale Instrument zur Minderung der Lärmbelastung sowie zum Erhalt und zur Weiterentwicklung ruhiger Gebiete, ohne sozial ungleiche Verteilungen und Wirkungen von Verkehrslärm zu berücksichtigen. In Anbetracht fehlender verbindlicher Grenz- und Zielwerte ist die Mitwirkung an der Lärmaktionsplanung besonders relevant, um im Ergebnis gesundheitlichen Ungleichheiten entgegen wirken zu können. Aktive Mitwirkung setzt aber u.a. eine positive Erwartung an das Ergebnis und an die eigenen Handlungsmöglichkeiten voraus. Die Unkontrollierbarkeit und Unberechenbarkeit der Verkehrslärmbelastung kann jedoch Hilflosigkeit auslösen. Um Zusammenhänge zwischen einer als unkontrollierbar erlebten Verkehrslärmbelastung, den Erwartungen an die eigene Handlungsfähigkeit und an die Beeinflussbarkeit von Stressreizen sowie der Mitwirkung an Planungsprozessen zu verstehen, hatte die Antragstellerin ein konzeptionelles Modell entworfen. Dieses Modell zeichnete sich durch eine innovative Verknüpfung von epidemiologischen, psychologischen und planerischen Argumenten aus. In diesem Forschungsprojekt sollten 1) die im Modell aufgezeigten Zusammenhänge zwischen „kognitiv-motivationalen Determinanten“ in einer bevölkerungsbezogenen Studie überprüft und 2) Implikationen für die Planungspraxis mit Expert:innen relevanter Disziplinen aus Wissenschaft und Praxis diskutiert werden. Die bevölkerungsbezogene Studie wurde mit der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Zentrum München (Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, HMGU) durchgeführt. Infolge pandemie- und ablaufbedingter Verzögerungen in der Datenerhebung wurden die empirischen Analysen überwiegend mit Daten aus der Pilotstudie der Antragstellerin im Rahmen der Heinz Nixdorf Recall (HNR) Studie im Ruhrgebiet durchgeführt. In einem Pfadmodell mit HNR-Daten erwiesen sich engagementbezogenes Zutrauen und wohnumfeldbezogene Teamwirksamkeit (Konstrukte einer positiven Erwartung an die eigene Fähigkeit zur Mitwirkung) als kognitiv-motivationale Bindeglieder zwischen chronischer Lärmbelastung durch Straßenverkehr einerseits und beabsichtigtem und umgesetztem Engagement andererseits. Die Ergebnisse der Analysen in sozialen Teilgruppen der HNR-Stichprobe legten nahe, dass soziale Unterschiede in der Relevanz von kognitiv-motivationalen Determinanten der Aufmerksamkeit in Forschung und Praxis bedürfen. Ferner zeigten sich in diesen Daten sozialräumliche Unterschiede sowohl in der Verkehrslärmbelastung, in der Lärmbelästigung als auch in den kognitiv-motivationalen Determinanten von Engagement gegen Verkehrslärm. In Kooperation mit einer Expertin für multivariable Analysestrategien einer geschlechtersensitiven Gesundheitsberichterstattung erarbeitete die Antragstellerin eine Analysestrategie (Conditional Inference Tree) zur Identifizierung von Determinanten und deren Wechselwirkungen im Zusammenhang mit beabsichtigtem Engagement. In dieser mit den KORA-Daten durchgeführten Analyse erschienen insbesondere die engagementbezogenen kognitiv-motivationalen Determinanten als zentral. Mögliche Implikationen der Forschungsergebnisse für eine am Vorsorgeprinzip orientierte Planungspraxis waren Gegenstand zweier Workshops, die Thesen für „mehr Chancen auf Gesundheit durch Lärmaktionsplanung“ in Deutschland und Handlungsfelder für eine „vision for environmental noise policies“ hervorbrachten. In beiden Workshops wurde umwelt- und verfahrensbezogene Kontrollierbarkeit als Komponente gesundheitlicher Chancengleichheit erachtet. Insgesamt erscheint es als plausibel anzunehmen, dass kognitiv-motivationale Determinanten an der Entstehung gesundheitlicher Ungleichheiten beteiligt sein können, wenngleich längsschnittliche Analysen erstrebenswert wären. Der Ansatz, epidemiologische, psychologische und planerische Überlegungen konzeptionell miteinander zu verbinden, ist zielführend.

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