Detailseite
Projekt Druckansicht

Intervention - Re(d)aktion - Prävention? Zur Wirkung von Leitlinien zur verantwortungsvollen Suizidberichterstattung auf die Suizidberichterstattung deutscher Tageszeitungen

Antragsteller Professor Dr. Hans-Bernd Brosius, seit 11/2018
Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 387230728
 
Suizidprävention ist eine weltweite gesundheitspolitische Herausforderung, bei der den Medien eine zentrale Bedeutung zukommt. Durch unnötig prominent platzierte Suizidberichte sowie durch detaillierte, wiederholte, sensationsorientierte, romantisierende oder glorifizierende Suiziddarstellungen tragen Medien dazu bei, dass sich die individuelle Suizidalität insbesondere bei vulnerablen Personen erhöhen kann (Werther-Effekt). Medien können aber auch suizidpräventiv wirken (Papageno-Effekt), wenn eine angemessene Suizidberichterstattung über die Ursachen von Suizidalität aufklärt und Betroffenen Auswege aufzeigt. Dabei kommt den Journalisten eine zentrale Bedeutung zu. Vor allem aufgrund der Gefahr, die von unangemessener Suizidberichterstattung ausgeht, wurden Leitlinien entwickelt, die Journalisten in ihrem Berufsalltag helfen sollen, schädliche Wirkungen zu verhindern. Das Projekt setzt an einer entscheidenden Forschungslücke an: Erstaunlicherweise fehlen zum Umgang mit diesen Leitlinien innerhalb von Zeitungsredaktionen noch immer belastbare Daten. Die meist regional begrenzten bisherigen Studien liefern zwar erste Hinweise auf die Effektivität einzelner Awareness-Interventionsmaßnahmen. Wir wissen jedoch leider noch wenig darüber Bescheid, wie Journalisten diese Guidelines wahrnehmen (z.B. Akzeptanz, Reaktanz) und ob und gegebenenfalls wie diese in eine veränderte Berichterstattung münden.Das Projekt will daher den Einfluss eines Awareness-Pakets (= Intervention) über verantwortungsvolle Suizidberichterstattung in Redaktionen deutscher Zeitungen untersuchen: Wie werden die Leitlinien von Journalisten wahrgenommen? Kommt es zu einer konkreten Veränderung der Suizidberichterstattung? Welche Faktoren begünstigen positiv-präventive Veränderungen? Redaktionen deutscher Tageszeitungen werden in einem ersten Schritt kontaktiert und zur Teilnahme an der Studie eingeladen. Die teilnehmenden Redaktionen werden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt und erhalten die Intervention jeweils um 6 Monate zeitversetzt. Die zentrale abhängige Variable ist der Grad der verantwortungsvollen Berichterstattung, welchen wir mittels Inhaltsanalyse erfassen. Dafür wird die Berichterstattung über ein validiertes Kategoriensystem, welches direkt aus den internationalen Leitlinien abgeleitet wurde, über den Zeitraum von 18 Monaten untersucht. Zusätzlich wird eine web-basierte Journalisten-Befragung umgesetzt, in der die Ansichten und Bewertungen der Leitlinien, mögliche Reaktanz und Verhaltensintentionen erfasst werden. Die Ergebnisse der Befragung können helfen, die Ergebnisse der Inhaltsanalyse einzuordnen.Neben dem grundlagenwissenschaftlichen Wissensgewinn strebt das Projekt auch einen gesellschaftlichen Mehrwert an: Basierend auf bisherigen Schätzungen gehen wir davon aus, dass eine deutschlandweite verantwortungsvolle Suizidberichterstattung jährlich Menschenleben (vermutlich im zwei- bis dreistelligen) Bereich retten könnte.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemalige Antragsteller Dr. Florian Arendt, von 11/2017 bis 11/2018; Professor Dr. Sebastian Scherr, bis 11/2017
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung